Wieso „Das perfekte Geheimnis“ und manch andere deutsche Komödie in ihrer ganzen Seichtheit problematisch sind.
Die deutsche Filmlandschaft ist seit Jahren geprägt von mittelmäßigen Komödien, die uns lustig-leichte Unterhaltung und Geschichten rund um die Irrungen und Wirrungen zwischenmenschlicher Beziehungen und des (eher weniger) alltäglichen Lebens bieten wollen. Diese deutschen Comedy-Filme siedeln sich meist um dieselbe Gruppe von Schauspieler:innen an, tendieren teilweise dazu, absolut albern zu sein und weder sich selbst noch die Handlung im Film ganz ernst zu nehmen. Gleichzeitig wollen sie dann auch mal aktuelle Themen behandeln und vielleicht eine kleine Message zum Nachdenken an uns Zuschauer:innen weitergeben. Alles natürlich mit schönen Bildern und klassischem Happy End abgerundet, damit sich nach dem Kinobesuch ein rundum gutes Gefühl breitmacht und der witzig verpackte Ausbruch aus dem Alltag auch richtig gelungen ist.
Ein solcher Film ist auch „Das perfekte Geheimnis“ aus dem Jahr 2019, der von einer Gruppe von Freund:innen handelt, die bei einem gemeinsamen Pärchen-Abend auf die Idee kommen, all ihre Nachrichten und Anrufe für den Abend laut vorzulesen und so quasi keine Geheimnisse voreinander zu haben. Besetzt sind die Paare durch Deutschlands beliebteste Kino-Gesichter Jessica Schwarz und Wotan Wilke Möhring, Karoline Herfurth und Elyas M’Barek, Frederick Lau und Jella Haase sowie Florian David Fitz, der allein auftaucht. Die Stimmung unter den Freunden ist von Anfang an etwas angespannt und – wie zu erwarten – entwickeln sich im Verlauf des Abends zwar hitzige Konflikte innerhalb der Gruppe, die aber vorrangig weggelacht werden.
Wirklich interessant wird es aber erst, wenn Elyas M’Barek und Florian David Fitz ihre Handys tauschen und auf Elyas vermeintlichem Smartphone Nachrichten eines männlichen Liebhabers auftauchen. Seine Frau und der Rest der Gruppe reagieren geschockt; es fällt oft das Wort „Schwuchtel“ und beim Versuch, sich zu verteidigen, verfällt M’Bareks Charakter in einen recht homophoben Monolog. Aber nicht nur gegen Homosexuelle, sondern auch gegen Frauen richtet sich der Film. Karoline Herfurth, die einzige Frau der Runde, die sich gegen die Elternzeit und für ihren Beruf entschieden hat, wird unironisch von ihrer Chefin dazu gedrängt, sich für die Firma quasi zu prostituieren. Sie kokst regelmäßig und als das alles herauskommt, gibt sie zu, dass es ihr größter Wunsch ist, einfach ein „Muttertier“ zu sein und zu Hause bei den Kindern zu bleiben, anstatt zu arbeiten.
Die Vermittlung rückschrittlicher Werte und Homophobie werden hier in schöne Bilder und viel Gelächter verpackt. Später entschuldigen sich die drei Männer bei Florian David Fitz, – der sich noch als Besitzer seines Handys geoutet hat – indem sie einfach einen anderen Homophoben verprügeln und dann zusammen campen gehen. Also Ende gut, alles gut oder was? Jegliche Konflikte und Widersprüche, die entstanden sind, werden hier einfach stillgelegt. Entscheidend ist nur noch die zufriedene Stimmung, mit der wir aus dem Kino gehen sollen, nachdem uns etwas eigentlich so Kontroverses vorgesetzt wurde.
Man könnte jetzt sagen, „Das perfekte Geheimnis“ sei nur eine Komödie, die man nicht so ernst nehmen muss. Allerdings vermitteln auch Komödien durch ihre Erzählung Werte. Somit tragen die Menschen hinter diesen Filmen eine gewisse Verantwortung. Im Übrigen können Filme auch ohne homophobe Beleidigungen und veraltete Weltbilder lustig oder ansprechend sein. „Das perfekte Geheimnis“ ist sogar ein gutes Beispiel dafür, denn das Original wurde neben der deutschen Version etliche Male adaptiert. So fällt in der französischen Variante zwar auch die Beleidigung „Schwuchtel“, allerdings gestaltet sich die Szene dann insgesamt viel subtiler. Die weiblichen Figuren kommen durchgehend besser weg und ein offenes Ende regt uns Zuschauer:innen zum Nachdenken an, statt einfach alles glattbügeln zu wollen.
Wir stellen also fest: Die deutsche Mainstream-Filmindustrie muss noch viel lernen. Gesellschaftlich kontroverse Themen einfach nur aufzugreifen ist eher schwierig und wir sollten uns vielleicht fragen, wie moralisch es ist, solche Filme weiterhin ohne Bedenken zu konsumieren.
Text Moritz Reimann
Fotos Constantin Film
1. Februar 2022