Helge Schneider
18. März | Kuppelsaal (H)/
7. April | Volkswagen Halle (BS)
helge-schneider.de
Klamauk-Legende Helge Schneider kommt mit seinem neuen Programm
„Ein Mann und seine Gitarre“ am 7. April in die Volkswagen Halle.
Ein hochtalentierter Multiinstrumentalist, urkomischer Unterhaltungskünstler und begnadeter Anarcho-Entertainer – Helge Schneider ist ein echtes Unikat. Wenn auch ein wenig schrullig und eigensinnig, was sich etwa im vergangenen Jahr zeigte, als er in Augsburg verärgert ein Konzert abbrach und anschließend all seine „Strandkorb-Konzerte“ absagte, da er unter der Corona-bedingten abgespeckten Konzertsituation keine Verbindung zu seinem Publikum hätte aufbauen können. Ein drastischer Schritt, jedoch auch völlig verständlich, schließlich ist Helge Unterhaltungs- und Improvisationskünstler und spult nicht einfach ein immergleiches Programm ab. Ist das Publikum dann nicht präsent, hinter Masken versteckt oder mit Bestellungen beschäftigt, bricht ein essentieller Teil seiner Kunst schlicht weg. Dennoch bleibt der Käsebrotliebhaber tapfer, startete kürzlich mit seinem Programm „Ein Mann und seine Gitarre“ eine neue Tour und macht unter anderem damit am 7. April auch Halt in der Volkswagen Halle. So schnell lässt sich der komische Jazzmusiker das Livespielen nicht vermiesen und so kommt am 18. März auch noch sein neues Album „Live in Luxemburg“ in die Läden. Wir haben mit Helge über seinen Umgang mit der Pandemie, alte Zeiten und bevorstehende Bühnenshows gesprochen.
Herr Schneider, eine Pandemie ist alles andere als eine gute Voraussetzung für Live-Alben. Dokumentiert „Live in Luxemburg” einen ganz eigenen künstlerischen Ausdruck?
Es war ein sehr schöner Abend mit einer tollen Atmosphäre im Dezember 2021, den ich mit Mehrkanaltechnik aufgenommen und nachträglich abgemischt habe. Jetzt kann ich mit einer aktuellen Live-CD auf Tour gehen.
Ein Konzertabend, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja, in dem Club „Den Atelier“ in Luxemburg City durfte das Publikum stehen und die Stimmung war ausgelassen – ein paar Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Etwas ungewohnt für uns, wo wir die letzten Konzerte, wenn sie überhaupt stattfinden durften, mit den landesüblichen und immer wieder geänderten Coronabeschränkungen gespielt hatten.
Was machen die Corona-Beschränkungen mit Ihnen persönlich?
Sie machen mich im Inneren frei. Ich denke einfach: Wie scheiße! Und daraus resultiert eine sehr persönliche Haltung diesem großen Ganzen gegenüber. Ja, ich fühle mich irgendwie so, wie ich mich damals fühlte, als ich angefangen habe aufzutreten. Ein Gefühl, als wäre man nicht ganz gesellschaftskonform. Ich musste ja immer für etwas kämpfen, um Anerkennung als Musiker und Komiker. Das kann man nur durchstehen, wenn man besonders cool bleibt und seine Freiheit immer wieder propagiert.
Wie bringen Sie gerade in dieser chaotischen Zeit jeden Tag aufs Neue die für Ihre Arbeit nötige Selbstdisziplin und Motivation auf?
Zwei Jahre des Lebens könnten jetzt einfach weg sein. Aber man kann auch sagen: Es war eine gemütliche Zeit. Sich selbst überlisten ist eine ganz praktische Eigenschaft. Aufräumen. Nix tun. Sich ärgern, auch schön. Fernsehgucken, immer dasselbe. Immer dieselben Leute auf dem Bildschirm, sie werden zum Alltag und zur Normalität. Man könnte meinen, man kennt sie persönlich. Wir leben ja jetzt in einem billigen Schundheft mit Science-Fiction-Inhalt mit wenigen fettgedruckten Seiten, von allen Seiten beobachtet und ausgestattet mit Plastikgeld.
Motiviert Sie das, neue Lieder zu schreiben?
Ich habe doch schon so viele geschrieben! Manchmal fällt mir aber auch plötzlich was Neues ein. Aber die Leute freuen sich, wenn ich bekannte Lieder wie „Wurstfachverkäuferin“ oder „Telefonmann“ live singe. Das sind alles tolle Lieder, bei denen ich viel dazuimprovisieren kann. Das macht Spaß.
Was ist für Sie der Maßstab für eine gute Bühnenperformance?
Die Atmosphäre. Die Akustik. Die Laune. Ich muss sagen, ich habe eigentlich immer unheimlich gute Laune, vor allem, wenn ich auftreten kann. Bei Corona ist das ja ziemlich kompliziert. Manche Veranstalter sind echt arm dran mittlerweile. Diese immer wieder sich ändernden Vorschriften. Trotzdem hatte ich fast 40 Auftritte letztes Jahr, glaub ich. Und wenn ich schon auftreten darf, macht es nicht nur den Zuschauern, sondern auch mir unheimlichen Spaß.
Können Sie diese Hochstimmung halten, diesen glücklichen Augenblick, wenn Sie nach einem gelungenen Konzert wieder allein sind?
Nach dem Auftritt ist plötzlich wieder Alltag, und das ist auch gut so. Ich fahre dann meist mit meinem Wohnmobil wieder nach Hause. Oder geh ins Hotel und freue mich schon auf das Frühstück.
Wäre das Leben ohne die Bühne für Sie noch lebenswert?
Tja, was für eine Frage. Ich denke, darüber müsste ich erstmal tagelang nachdenken.
Sie gehen jetzt unter dem Motto „Ein Mann und seine Gitarre“ auf Tournee. Wie fühlt sich das an?
Tournee kann man das ja jetzt nicht mehr nennen, weil man immer einen Tag vorher mitgeteilt bekommen kann, dass der Auftritt abgesagt werden muss. So geht das seit zwei Jahren. Außerdem trauen sich zu einem Konzert, zu dem 1000 Zuschauer kommen dürfen, nur die Hälfte.
Wer wird mit Ihnen diesmal auf der Bühne stehen?
Wir sind zu zweit – Sandro Giampietro an der Gitarre und ich – und haben irre Spaß daran. Wenn dann noch jemand dazu kommt, wenn er schulfrei bekommt und Lust hat, kann das nur ein lässiger Typ wie mein Sohn Charlie sein, der zur Familie gehört. Dadurch, dass Charlie mit seinem Schlagzeugspiel ein sehr erfolgreiches Ventil hat, gibt er damit anderen Kindern einen Anstoß, auch so etwas zu machen.
Haben Sie Ihren Sohn zu seinem Instrument hingeschubst im Rahmen einer musikalischen Frühförderung?
Als er ein halbes Jahr alt war, hat er sich an der Stand-Tom hochgezogen und dann im Rhythmus mitgespielt. Er hat einfach dieses metrische Gefühl und hört wahnsinnig gut zu, wenn ich etwas spiele.
Wie entwickelt Charlie sich als Schlagzeuger?
Ich habe jetzt ein halbes Jahr nicht mehr mit ihm gespielt. Ich glaube, dass er sich im Kopf weiterentwickelt. Alleine am Schlagzeug zu sitzen macht nicht so viel Spaß, er spielt nur mit mir zusammen. Ansonsten ist es für ein Kind wichtig, mit Freunden zu spielen, sich mit der Schule auseinanderzusetzen, Läuse zu kriegen.
Reden Sie mit Charlie viel über Musik?
Noch nie. Da muss man nicht drüber reden, das macht man einfach. Je älter ich werde, desto mehr bin ich davon ab, auch wenn ich mit anderen spiele. Manchmal gebe ich einen Wunsch vor. Sandro Giampietro habe ich mal gebeten, schrammelig zu spielen. Mit Schlaggitarre macht man den Rhythmus.
Gefällt Charlie das abenteuerliche Leben auf Tour?
Wenn wir bei schönem Wetter mit dem Wohnmobil unterwegs sind, ist das Touren gut. Im Hotel sind wir auch ganz gerne und tun so, als wäre man ein Rockstar. Am Frühstückstisch findet man dann morgens eine Pappbox vor mit einem Apfel, einem Donut und einem Snickers – und kein Hotelangestellter ist zu sehen. Das ist auch lustig.
Leidet Ihr Humor unter Corona?
Im Gegenteil. Ich habe festgestellt, dass es mir besonders Spaß macht, vor wenigen Leuten zu spielen, weil die Situation das ja erfordert. Man denkt nicht, dass keiner kommen wollte, sondern: Wieder durfte keiner kommen? Dann hat man eine ganz andere Intention. Die Leute sitzen da mit Maske, was eigentlich eine Zumutung ist, auch für den Künstler. Denn ich sehe ja gar nicht, ob die lachen. Als ich anfing mit der Musik, habe ich auch vor Leuten gespielt, die sich absichtlich überhaupt nicht bewegten, während andere total ausflippten. Ich habe schon immer um mein Publikum gekämpft.
Unvergesslich geblieben ist mir Ihr Auftritt auf der Popkomm-Messe von 1989 im Düsseldorfer Kulturzentrum Zakk. Dort spielten Sie vor 30 Personen, die sich bogen vor Lachen…
Das war doch in Wuppertal in der „Börse“! Dort habe ich hinter einem Absperrband Halbplayback gespielt mit Liedern wie „Texas“ oder „Es hat gefunkt bei mir“. Das machte Spaß. Vielleicht mache ich das jetzt wieder wegen Corona. Ist eigentlich eine gute Idee.
Haben Sie damals mehr oder weniger von der Hand in den Mund gelebt?
Das kann man wohl sagen. Ich habe versucht, als komischer Jazz-Man mit Band überall zu spielen, wo ich konnte. Im Bremer Raum mal in einer Kneipe, wo kaum jemand hinkam. Anschließend schliefen wir mit fünf Mann und einem Hund oben drüber in einem Ehebett. Geld gab es für das Konzert zwar nicht, aber Hauptsache, wir hatten Spaß. Das war lange bevor ich mit „Katzeklo“ Erfolg hatte.
Wie haben Sie damals Ihren Lebensunterhalt bestritten?
Zum Beispiel mit Zäune streichen mit teerhaltigem Carbolineum, was jetzt verboten ist. Einmal habe ich mit einem Freund eine ganze Unterführung gestrichen, und dann ist dieses braune Zeug in meinen Ärmel reingeflossen und das Hemd war für immer hin. Ich hatte aber nur ein Hemd und eine Hose. Für Konzerte mit Bröselmaschine bekam ich schon mal 100 Mark, können auch 200 gewesen sein, was für mich viel Geld war. Wenn ich alleine aufgetreten bin, gab es 50 Mark, oder ich bekam die Möglichkeit, umsonst zu spielen und ging dann mit dem Hut rum. Zum Gig in München im angesagten Zimmertheater Heppel & Ettlich erschienen am ersten Abend zwei Leute und eine Freundin von mir. Am zweiten Tag vier, am dritten acht. Ein Jahr später erst 20, dann 40 und am Ende war es voll.
Können Sie erst seit Ihrem Hit „Katzeklo“ so richtig von der Musik leben?
Mit Stummfilmmusik an der Kinoorgel oder am Klavier in Essen, Frankfurt oder Düsseldorf habe ich schon vorher Geld verdient. Das freie Improvisieren an der Kinoorgel war meine Spezialität. Es hat viel Spaß gemacht, aber ich habe mir dabei auch immer den Hals verrenkt wegen der Sitzhaltung genau neben der Leinwand.
Sie haben nach einer Sonderbegabtenprüfung am Duisburger Konservatorium Klavier studiert…
Ich war da nur ein Jahr. Ich hatte das Gefühl, ich würde meine Technik und mein musikalisches Verständnis zweigleisig fortführen müssen. Ich interessierte mich aber nicht so für klassische Musik, weil es die ja schon gab. Ich wollte lieber Jazz spielen und improvisieren, weshalb ich da weggegangen bin.
Haben Sie trotz frühzeitigem Studienabbruch einen Beruf erlernt?
Ich habe mehrere Berufe ausgeübt. Ich war Bauzeichnerlehrling, innerhalb dieser Lehre auch Maurer, Zimmermann und Betonbauer. Später habe ich noch Landschaftsgärtner gelernt, aber beides nicht zu Ende gebracht. Ich erinnere, wie wir mal zu zweit 80 Kilo schwere Bordsteine gesetzt haben. Beim letzten Stein hätte ich mir beinahe die Hände zerquetscht, der Stein rutschte mir aus den Händen und begrub meine Handschuhe unter sich, die Hände hatte ich noch schnell genug rausziehen können. Und ich habe ein ganzes Tal in halbgebückter Haltung mit Birken und Buchen bepflanzt. Als Lehrling wurde man teilweise von den Mitarbeitern sehr schlecht behandelt. Herkules, schwache Sau und Susi wegen zu damaliger Zeit fast verbotener „langen Haare“ waren meine Spitznamen. Auf die ich auch sehr stolz war.
Wie kamen Sie an die Lehrstellen?
Meine erste Lehrstelle als Bauzeichner bekam ich etwa 1970 durchs Arbeitsamt, wo ich ein bisschen rechnen musste, mit Bausteinen spielen und malen. Da meinte der Typ zu mir: „Sie sind Bauzeichner! Hier ist die Adresse“. Weil damals lange Haare verpönt waren, lieh ich mir von einer Freundin eine Kurzhaarperücke aus Kanekalon. Der Lehrherr tat so, als würde er das nicht bemerken, und auch als ich sie nach einer Woche abnahm, zeigte er keine Regung. Und bei der zweiten Lehre bin ich einfach zu dem Chef gegangen: „Ich möchte gern Landschaftsgärtner werden!“ Nach einer Probezeit durfte ich anfangen, hielt aber nur ein Jahr durch. Bei 40 Grad mussten wir einmal einen Tennisplatz mit rotem Basaltsplit nivellieren. Das war vielleicht ein Scheiß! Aber über technisches Gespür verfüge ich heute noch und kann es zu Hause und auf meiner Arbeit gut gebrauchen.
Haben Sie trotz frühzeitigem Studienabbruch einen Beruf erlernt?
Ich habe mehrere Berufe ausgeübt. Ich war Bauzeichnerlehrling, innerhalb dieser Lehre auch Maurer, Zimmermann und Betonbauer. Später habe ich noch Landschaftsgärtner gelernt, aber beides nicht zu Ende gebracht. Ich erinnere, wie wir mal zu zweit 80 Kilo schwere Bordsteine gesetzt haben. Beim letzten Stein hätte ich mir beinahe die Hände zerquetscht, der Stein rutschte mir aus den Händen und begrub meine Handschuhe unter sich, die Hände hatte ich noch schnell genug rausziehen können. Und ich habe ein ganzes Tal in halbgebückter Haltung mit Birken und Buchen bepflanzt. Als Lehrling wurde man teilweise von den Mitarbeitern sehr schlecht behandelt. Herkules, schwache Sau und Susi wegen zu damaliger Zeit fast verbotener „langen Haare“ waren meine Spitznamen. Auf die ich auch sehr stolz war.
Wie kamen Sie an die Lehrstellen?
Meine erste Lehrstelle als Bauzeichner bekam ich etwa 1970 durchs Arbeitsamt, wo ich ein bisschen rechnen musste, mit Bausteinen spielen und malen. Da meinte der Typ zu mir: „Sie sind Bauzeichner! Hier ist die Adresse“. Weil damals lange Haare verpönt waren, lieh ich mir von einer Freundin eine Kurzhaarperücke aus Kanekalon. Der Lehrherr tat so, als würde er das nicht bemerken, und auch als ich sie nach einer Woche abnahm, zeigte er keine Regung. Und bei der zweiten Lehre bin ich einfach zu dem Chef gegangen: „Ich möchte gern Landschaftsgärtner werden!“ Nach einer Probezeit durfte ich anfangen, hielt aber nur ein Jahr durch. Bei 40 Grad mussten wir einmal einen Tennisplatz mit rotem Basaltsplit nivellieren. Das war vielleicht ein Scheiß! Aber über technisches Gespür verfüge ich heute noch und kann es zu Hause und auf meiner Arbeit gut gebrauchen.
Fotos meine Supermaus