André Prellbock kämpft als Azubi-Recruiter um Lehrlinge.
Erst kürzlich startete unsere Region in das neue Ausbildungsjahr, viele Plätze sind jedoch nach wie vor unbesetzt. Dabei mangelt es in nahezu allen Branchen an Nachwuchs. Die Betriebe und auch deren Kunden stellt das vor große Herausforderungen. Schenkt man den Hiobsbotschaften der Arbeitgeber Glauben, sind Azubis dieser Tage eine vom Aussterben bedrohte Art – die Bonobos der Arbeitswelt. Demografischer Wandel, gestiegene Ansprüche auf beiden Seiten und verlockende Alternativen wie Studium oder eine Karriere als Crypto-Bro – die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Um einen der wenigen qualifizierten Berufsanwärter zu ergattern, ist es für Unternehmen deshalb wichtiger denn je, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.
Um ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu erhöhen, setzen viele Unternehmen deswegen auf Recruiter, intern auch als Angler bezeichnet. Ein solcher Angler ist André Prellbock. Der Rautheimer tingelt von Jobmesse zu Jobmesse und versucht potentiellen Bewerbern die vakanten Ausbildungsplätze seiner Firmenkunden schmackhaft zu machen. Prellbock: „Worklife-Balance, Klima, Gendern…Gen Z ist anspruchsvoll!“ Die Zeiten, in denen eine Einladung zum Vorstellungsgespräch einem Sechser im Lotto gleichkam und sich Auszubildende infolgedessen anstandslos von cholerischen Ausbildern durch die Lehrjahre drangsalieren ließen, seien vorbei, linksgrüne Hirngespinste wie würdevolle Arbeitsbedingungen und faire Löhne haben die jungen Leute verdorben und machen es vielen Betrieben nun schwer, an das begehrte Menschenmaterial zu gelangen, so Prellbock.
Trotz seiner Skepsis gegenüber der Genration Taschentelefon hat der eloquente Mittvierziger einen guten Draht zu den Heranwachsenden, war sogar mal im selben Alter wie die Berufsanwärter von heute. Eine Eigenschaft, die ihn für diese Aufgabe prädestiniert. „Statt sich die Hände schmutzig zu machen, wollen die lieber mit Zinnsoldaten spielen, Flips naschen oder im Social Media rumtippen. Und da gilt es anzusetzen, wenn man die Kids abholen will!“ Wie, da schöpft der erfahrene Recruiter aus einem bunten Repertoire. Klienten empfiehlt er gerne kecke Recruitingfilme zu drehen, beispielsweise ein Musikvideo. „Das kommt enorm kultig daher und verrät viel über den Arbeitsalltag eines Unternehmens“, versichert uns der erfahrene Angler.
Auch eine coole Choreografie mit dem gesamten Stab für TikTok einzustudieren, ziehe laut Prellbock immens beim Nachwuchs und mache unliebsame Aspekte wie schlechte Bezahlung oder ein toxisches Arbeitsklima schnell vergessen. Den Firmenkunden stellt André Prellbock sein umfangreiches Wissen gerne zur Verfügung, für ihn ist der Beruf eine Berufung – etwas, das er auch den jungen Menschen zu finden wünscht, mit denen er tagtäglich in Kontakt tritt.
Grafik Sven Gebauer