
Er stellt uns frisches, warmes Weißbrot mit einem Aioli-Dip auf den Tisch und meint: „Aber spart euren Appetit für den Hauptgang!“ Dann kommen schon die Vorspeisen: Roastbeef mit gebackenen Kartoffelscheiben, rotem Zwiebelchutney und knackigem Birnen-Bohnensalat, außerdem hausgebeizter Lachs mit Fenchelsalat und Rote-Bete-Schaum. Jeder Bestandteil, jede Aromatextur kommt zur Geltung, alles ist super frisch und intensiv. Wir lehnen uns zufrieden zurück und lassen die Geschmäcker auf uns wirken.
Schon vor 24 Jahren wurde die Vielharmonie eröffnet. Als vor sechs Jahren Corbi und sein langjähriger Geschäftspartner und Kumpel Jean-Luc übernahmen, sind nur Name und Fassade geblieben. Das 90er-Jahre Metall-Innendesign ist einer zeitlosen, eleganten und schlichten Einrichtung gewichen. „Klassisch, puristisch und plain“, wie unser Gastgeber sagt.
Kennengelernt haben sich die beiden vor über zehn Jahren in Jean-Lucs zweitem Restaurant, dem Rokoko im Bürgerpark, wo Corbi sich damals als DJ bei einer Hochzeit etwas zum Studium dazuverdient hat. Irgendwann kam die Idee auf, gemeinsam einen Laden in der Innenstadt zu eröffnen. Als Jean-Luc schließlich die Vielharmonie angeboten bekam, stand der Entschluss schnell fest. Seitdem sind die beiden Mädchen für alles vor Ort, Galionsfiguren und immer auch Ideenfinder. Denn Innovation steht an erster Stelle. Die Speisekarte wird alle paar Wochen neu erstellt: „Wir haben keinen Bock auf Convenience. Und die Köche auch nicht. Das gibt es an jeder Ecke“, erklärt Corbi. „Ich gehe auch mal zu McDonald’s, da weiß man halt was man kriegt. Es schmeckt immer gleich. Aber bei uns soll das Essen ein Erlebnis sein, nicht nur Nahrungsaufnahme. Wenn ich Geld in einem Restaurant ausgebe, will ich auch was geboten bekommen.“ Die beiden wollen Trends aufgreifen und traditionelle Gerichte neu interpretieren, wie zum Beispiel voriges Jahr ihr individuelles Hühnerfrikassée, ein aus den Komponenten des Klassikers völlig neu zusammengesetztes Maishühnchen-Arrangement. „Wir sind locker, aber anspruchsvoll – und es darf nicht so aussehen wie 1982.“
Zum Nachtisch gibt es erfrischenden Gin-Tonic, den heimlichen Star der Vielharmonie, den man hier in allen erdenklichen Varianten bekommen kann. „Wir haben über 80 Sorten Gin. Alles Premiumqualität und dabei bezahlbar. Das hat sich so ergeben, weil die Nachfrage immer heftiger wurde.“ Inzwischen gibt es sogar einige hausangesetzte Sorten, zum Beispiel mit Himbeere und Estragon oder den Jägermeister-Komponenten Ingwer, Orange, Süßholz, Nelken und Sternanis. Auch Weine und die ganze Bandbreite von Spirituosen stehen in feinster Güte stets bereit. „Klar kann man bei uns auch günstig und richtig saufen, aber im Vordergrund steht immer der Genuss. Es ist krass, wieviele Leute es tatsächlich gibt, die Bock auf einen wirklich hochwertigen und gut schmeckenden Drink haben. Am Wochenende kommen dafür Gäste aus der ganzen Stadt zu uns.“
Genossen haben wir den Abend, nicht nur Corbis und Jean-Lucs Gastlichkeit, sondern auch Essen, Trinken und − natürlich − dass wir alle so nett zueinander waren.
Text Benyamin Bahri
Fotos Robert Wiebusch