Orchester der Tech. Universität
26., 27. & 29. Januar /
Audimax der TU (BS)
Audimax der TU (BS)
Das Orchester der Technischen Universität präsentiert sein Semesterabschlusskonzert mit dem Titel „Last Night Before Brexit” an drei Terminen.
Ende März soll Großbritannien aus der EU austreten. Einen wehmütigen Rückblick präsentiert das Uni-Orchester der TU Braunschweig und zeigt beim Semesterabschlusskonzert, was das Vereinigte Königreich in musikalischer Hinsicht zu bieten hat. Orchesterleiter Markus Lüdke gab uns einen Vorgeschmack auf das Konzertprogramm.
Sie leiten das Uni-Orchester seit dem Wintersemester 2007/08. Warum sind Sie über zehn Jahre später immer noch begeistert dabei?
Es ist ein Geschenk, mit einem solchen Ensemble arbeiten zu dürfen. Wir stecken uns gegenseitig mit unserer Begeisterungsfähigkeit und Spielfreude an. Für mich ist es inzwischen auch der einzige Ort, an dem ich selbst noch Musiker sein kann. Und über die Jahre wird ein solches Orchester auch zu einer Art Heimat und Familie. Solange die Ideen nicht ausgehen und man mich lässt, mache ich das gern weiter.
Das diesjährige Programm des Semesterabschlusskonzerts heißt „Last Night Before Brexit“. Inwieweit greifen Sie die Brexit-Thematik in der Liederauswahl auf?
Unser Konzertprogramm ist ein großer traurig-fröhlicher Abschied, in dem wir gemeinsam die englische Musik feiern. Sie steht im Zentrum des Konzerts. Zugleich wollen wir damit aufzeigen, was uns durch den Brexit verloren zu gehen droht. Seiner Tragik kann man wahrscheinlich nur mit britischem Humor begegnen. Wir werden uns darum nach Kräften bemühen.
Es ist ein Geschenk, mit einem solchen Ensemble arbeiten zu dürfen. Wir stecken uns gegenseitig mit unserer Begeisterungsfähigkeit und Spielfreude an. Für mich ist es inzwischen auch der einzige Ort, an dem ich selbst noch Musiker sein kann. Und über die Jahre wird ein solches Orchester auch zu einer Art Heimat und Familie. Solange die Ideen nicht ausgehen und man mich lässt, mache ich das gern weiter.
Das diesjährige Programm des Semesterabschlusskonzerts heißt „Last Night Before Brexit“. Inwieweit greifen Sie die Brexit-Thematik in der Liederauswahl auf?
Unser Konzertprogramm ist ein großer traurig-fröhlicher Abschied, in dem wir gemeinsam die englische Musik feiern. Sie steht im Zentrum des Konzerts. Zugleich wollen wir damit aufzeigen, was uns durch den Brexit verloren zu gehen droht. Seiner Tragik kann man wahrscheinlich nur mit britischem Humor begegnen. Wir werden uns darum nach Kräften bemühen.
Warum wird britische Musik unterschätzt?
Es gibt ein sehr altes und dummes Vorurteil, England wäre ein Land ohne Musik. Leider wurde es von einem Deutschen geprägt, dem Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz im Vorfeld des Ersten Weltkrieges. Unglücklicherweise wirkt eine solche Propaganda bis in unsere Gegenwart nach. Unser Eindruck ist, dass britische Komponisten noch immer viel zu selten aufgeführt werden und so mancher bei uns überhaupt erst zu entdecken wäre. Beispielsweise Frank Bridge, der Kompositionslehrer von Benjamin Britten, deren beider See-Musiken wir im Konzert gegenüberstellen.
Nach welchen Kriterien haben Sie das Programm zusammengestellt?
Es ist natürlich unmöglich, die ganze Vielfalt der englischen Musik in einem Konzert abzubilden. Zu erzählen, worauf wir schweren Herzens haben verzichten müssen – etwa die Beatles, Sting oder die Sex Pistols, wäre eine eigene Geschichte. Es waren dann spezifisch britische Eigenheiten, die wir in einzelnen Werken besonders ausgeprägt fanden: Das Royale im Coronation March „Crown Imperial“ von William Walton oder die Charakterzüge der Four Countries in den Tänzen von Malcolm Arnold. Daneben werden wir wie immer unser Publikum aktiv einbeziehen.
Es gibt ein sehr altes und dummes Vorurteil, England wäre ein Land ohne Musik. Leider wurde es von einem Deutschen geprägt, dem Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz im Vorfeld des Ersten Weltkrieges. Unglücklicherweise wirkt eine solche Propaganda bis in unsere Gegenwart nach. Unser Eindruck ist, dass britische Komponisten noch immer viel zu selten aufgeführt werden und so mancher bei uns überhaupt erst zu entdecken wäre. Beispielsweise Frank Bridge, der Kompositionslehrer von Benjamin Britten, deren beider See-Musiken wir im Konzert gegenüberstellen.
Nach welchen Kriterien haben Sie das Programm zusammengestellt?
Es ist natürlich unmöglich, die ganze Vielfalt der englischen Musik in einem Konzert abzubilden. Zu erzählen, worauf wir schweren Herzens haben verzichten müssen – etwa die Beatles, Sting oder die Sex Pistols, wäre eine eigene Geschichte. Es waren dann spezifisch britische Eigenheiten, die wir in einzelnen Werken besonders ausgeprägt fanden: Das Royale im Coronation March „Crown Imperial“ von William Walton oder die Charakterzüge der Four Countries in den Tänzen von Malcolm Arnold. Daneben werden wir wie immer unser Publikum aktiv einbeziehen.
Was haben eine aufsteigende Lerche („The Lark Ascending“) und der Planet Jupiter („Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit“) mit der englischen Musiklandschaft zu tun?
Das Violinkonzert von Vaughan Williams und „Die Planeten“ von Holst gehören eher zu den bekannteren Werken der englischen Musik. Aber auch sie sind programmatisch gewählt: Es ist eben nicht der Kriegsgott Mars, den wir aus den Planten ins Programm aufgenommen haben, und die Lerche ist eine aufsteigende. Ob der Brexit nun kommt oder nicht, unsere gemeinsame europäische Geschichte wird damit nicht zu Ende sein.
Wie sehen die Vorbereitungen und Proben auf ein Semesterabschlusskonzert aus?
Ich beschäftige mich mit den Partituren und sehe mir daneben alte Folgen von „Monty Python’s Flying Circus“ an. Natürlich versuche ich mir alle Stimmen und Abläufe einzuprägen und prüfe, wo die Instrumentalisten mich wirklich benötigen, wie alles zusammenwachsen kann und die einzelnen Stimmen bestmöglich ineinandergreifen. Wichtig ist, eine gemeinsame Idee vom Stück zu entwickeln. Das meiste geschieht in den Proben. Wenn’s dann läuft, spielt ein Orchester eigentlich auch von allein.
Auch Uraufführungen wie Hans Sommers Walzer-Intermezzo aus der Oper „Münchhausen“ gibt es hin und wieder bei Ihren Konzerten zu hören.
Wir sind tatsächlich ständig auf der Suche nach neuen Entdeckungen. Schließlich möchten wir nicht nur unser Publikum mit Ungewohntem überraschen, sondern auch uns selbst. Die thematischen Vorgaben helfen dabei – je abwegiger, umso mehr. Es funktioniert wie eine Art Selbstüberlistung, die uns vor Routinefallen bewahrt.
Das Violinkonzert von Vaughan Williams und „Die Planeten“ von Holst gehören eher zu den bekannteren Werken der englischen Musik. Aber auch sie sind programmatisch gewählt: Es ist eben nicht der Kriegsgott Mars, den wir aus den Planten ins Programm aufgenommen haben, und die Lerche ist eine aufsteigende. Ob der Brexit nun kommt oder nicht, unsere gemeinsame europäische Geschichte wird damit nicht zu Ende sein.
Wie sehen die Vorbereitungen und Proben auf ein Semesterabschlusskonzert aus?
Ich beschäftige mich mit den Partituren und sehe mir daneben alte Folgen von „Monty Python’s Flying Circus“ an. Natürlich versuche ich mir alle Stimmen und Abläufe einzuprägen und prüfe, wo die Instrumentalisten mich wirklich benötigen, wie alles zusammenwachsen kann und die einzelnen Stimmen bestmöglich ineinandergreifen. Wichtig ist, eine gemeinsame Idee vom Stück zu entwickeln. Das meiste geschieht in den Proben. Wenn’s dann läuft, spielt ein Orchester eigentlich auch von allein.
Auch Uraufführungen wie Hans Sommers Walzer-Intermezzo aus der Oper „Münchhausen“ gibt es hin und wieder bei Ihren Konzerten zu hören.
Wir sind tatsächlich ständig auf der Suche nach neuen Entdeckungen. Schließlich möchten wir nicht nur unser Publikum mit Ungewohntem überraschen, sondern auch uns selbst. Die thematischen Vorgaben helfen dabei – je abwegiger, umso mehr. Es funktioniert wie eine Art Selbstüberlistung, die uns vor Routinefallen bewahrt.
Besucher der Semesterabschlusskonzerte werden regelmäßig wegen Überfüllung nach Hause geschickt. Wie erklären Sie sich die Beliebtheit und das junge Publikum bei einem klassischen Konzert?
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, zuallererst die Studierenden der TU anzusprechen, und stellen uns dabei den „härtesten“ Fall vor, für dessen klischeehafte Skizzierung ich mich schon gleich entschuldige (lacht): Einen Maschinenbauer und Computer-Nerd, der freiwillig nur Heavy Metal oder Techno hört. Den müssen wir mit etwas ködern, das erst einmal gar nichts mit klassischer Musik zu tun hat – am besten mit Themen und Forschungsschwerpunkten, die an der Uni selbst angesiedelt sind. So haben wir das Format „Wissenschaftskonzert“ entwickelt. Musik dazu findet sich immer. Meist sind wir selbst überrascht von den Bezügen, die sich herstellen lassen. Das ist uns wichtig, denn die Musik soll ja weiter im Zentrum stehen. Unsere Protagonisten und Erzähler im Programm sind eher vom Typ „Mad Scientist“: Frankenstein als moderner Ingenieur, Dracula auf der Suche nach den Erregern im Blut, Jekyll & Hyde als Morphologen, King Kong als Ahnenforscher ... Verkörpert werden sie vom Schauspieler Götz van Ooyen, mit dem wir seit vielen Jahren ganz wunderbar zusammenarbeiten. Mittlerweile haben wir uns ein Vertrauen erspielt. Denn auch unsere rein klassischen Konzerte sind heute gut besucht – obwohl Werke wie Komponisten oft unbekannt sind. Und wir freuen uns natürlich, wenn wir auch Zuhörer über den Campus hinaus erreichen. Da das Audimax im nächsten Sommer renoviert wird, vertrauen wir auch darauf, anschließend wieder alle Sitzplätze vergeben zu können und dann niemanden mehr abweisen zu müssen.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, zuallererst die Studierenden der TU anzusprechen, und stellen uns dabei den „härtesten“ Fall vor, für dessen klischeehafte Skizzierung ich mich schon gleich entschuldige (lacht): Einen Maschinenbauer und Computer-Nerd, der freiwillig nur Heavy Metal oder Techno hört. Den müssen wir mit etwas ködern, das erst einmal gar nichts mit klassischer Musik zu tun hat – am besten mit Themen und Forschungsschwerpunkten, die an der Uni selbst angesiedelt sind. So haben wir das Format „Wissenschaftskonzert“ entwickelt. Musik dazu findet sich immer. Meist sind wir selbst überrascht von den Bezügen, die sich herstellen lassen. Das ist uns wichtig, denn die Musik soll ja weiter im Zentrum stehen. Unsere Protagonisten und Erzähler im Programm sind eher vom Typ „Mad Scientist“: Frankenstein als moderner Ingenieur, Dracula auf der Suche nach den Erregern im Blut, Jekyll & Hyde als Morphologen, King Kong als Ahnenforscher ... Verkörpert werden sie vom Schauspieler Götz van Ooyen, mit dem wir seit vielen Jahren ganz wunderbar zusammenarbeiten. Mittlerweile haben wir uns ein Vertrauen erspielt. Denn auch unsere rein klassischen Konzerte sind heute gut besucht – obwohl Werke wie Komponisten oft unbekannt sind. Und wir freuen uns natürlich, wenn wir auch Zuhörer über den Campus hinaus erreichen. Da das Audimax im nächsten Sommer renoviert wird, vertrauen wir auch darauf, anschließend wieder alle Sitzplätze vergeben zu können und dann niemanden mehr abweisen zu müssen.
Mit dem Jugendorchester Duisburg haben Sie bei der „Anleitung zum musikalischen Kaufrausch“ sechs Etagen des Galeria Kaufhof in Duisburg samt Schaufenstern, Supermarktkassen und Umkleidekabinen bespielt. Welches ungewöhnliche Veranstaltungsprogramm würden Sie hier gerne umsetzen?
Bei dem Kaufhaussterben in Braunschweig müssten wir uns wahrscheinlich beeilen – oder einfach nur abwarten. Aber es stimmt, mich inspirieren Räume und die Möglichkeiten, sie mit Musik zu bespielen, besonders. Da wir im kommenden Sommer ohnehin ausweichen müssen, sind wir tatsächlich auf der Suche nach einem solchen Ort und haben auch schon etwas in Aussicht. Das möchte ich aber noch nicht verraten.
Keep calm and ... Wie entspannen Sie sich nach einem Semesterabschlusskonzert?
Zusammen mit den Orchestermusikerinnen und -musikern in unserer Stammkneipe auf dem Unicampus: dem Herman’s.
Bei dem Kaufhaussterben in Braunschweig müssten wir uns wahrscheinlich beeilen – oder einfach nur abwarten. Aber es stimmt, mich inspirieren Räume und die Möglichkeiten, sie mit Musik zu bespielen, besonders. Da wir im kommenden Sommer ohnehin ausweichen müssen, sind wir tatsächlich auf der Suche nach einem solchen Ort und haben auch schon etwas in Aussicht. Das möchte ich aber noch nicht verraten.
Keep calm and ... Wie entspannen Sie sich nach einem Semesterabschlusskonzert?
Zusammen mit den Orchestermusikerinnen und -musikern in unserer Stammkneipe auf dem Unicampus: dem Herman’s.
Interview Katharina Holzberger
Fotos Benedikt Bratz, Marek Kruszewski