Literarisches Doppel

Literatur-Neuheiten aus dem Verlag Andreas Reiffer: „Rockmusikfilme“ und „Der Kaplan, der um Jimi Hendrix trauerte“ erscheinen im März.

Im Verlag Andreas Reiffer wird man immer fündig, wenn man nach Literatur über Musik sucht. Spezialisiert hat sich der Ein-Mann-Betrieb aus Meine unter anderem auf Rockmusik. Und genau aus dieser Nische kommen auch die beiden Neuerscheinungen im März. Während sich Autor Renatus Töpke den „Rockmusikfilmen“ widmet, huldigt Schriftsteller Franz Schiffer in „Der Kaplan, der um Jimi Hendrix trauerte“ vergessenen Pop-Momenten.

 

 

Rock‘n‘Pop
Der deutschen Musiklandschaft fehlte es zu Beginn der 50er-Jahre an Würze. Songs biederer Schlagersänger:innen dominierten Funk und Fernsehen. Von musikalischer Aufbruchsstimmung war wenig zu spüren – bis ein neues Lebensgefühl aus den USA und Großbritannien zu uns schwappte: Der Rock‘n‘Roll gefiel vor allem der Jugend und lieferte den passenden Soundtrack einer Generation, die sich gegen bürgerliche Normen und Zwänge auflehnte. Neu, rebellisch, provokant – das schmeckte den Jungen; bei vielen Erwachsenen sorgte der neue Sound hingegen für Entsetzen.
Der Siegeszug des Rock‘n‘Rolls war kein leichter. Aus heutiger Sicht unvorstellbar, dass Legenden wie Elvis Presley, Chuck Berry, Little Richard oder auch The Beatles einst verschmäht wurden.
Franz Schiffer ist 1954 im rheinischen Jülich geboren und erinnert sich noch genau an den Aufstieg populärer Musik. Als Kenner, Fan, Zeitzeuge und farbenfroher Erzähler hat er deshalb „Der Kaplan, der um Jimi Hendrix trauerte“ geschrieben. In über 80 verblüffenden Rock- und Popstorys spürt er den beinahe vergessenen Momenten einer Ära nach und widmet sich der musikalischen Blütezeit zwischen den 50er- und 70er-Jahren. „Das Ergebnis ist ein persönlicher Streifzug. ABBA und mein Musiklehrer schneiden schwach ab“, witzelt der freie Autor im Vorwort.
Wortgewandt, unterhaltend und teilweise spitzzüngig erzählt Schiffer unter anderem von Radiopiraten, Eintagsfliegen sowie Woodstock und beantwortet letztendlich auch die Frage, warum ein Kaplan (heute Priester) um Jimmy Hendrix trauerte. Mit diesem Buch erweckt Franz Schiffer vergessene Pop-Momente wieder zum Leben.

Behind the scenes
„Dokumentationen und speziell solche über Bands und Musiker interessieren mich schon seit Teenagertagen“, so eröffnet Drehbuchautor Renatus Töpke sein neuestes Werk „Rockmusikfilme“. Seit 21 Jahren arbeitet der Kreativ-Allrounder bei Film und Fernsehen, produziert Werbespots und Musikvideos und schreibt Drehbücher sowie Graphic Novels. Nun war es für den 47-Jährigen an der Zeit, seine Leidenschaft für Musikdokumentationen in ein Buch zu verpacken.
Für „Rockmusikfilme“ sichtete Töpke fast 100 Filme, der älteste aus dem Jahr 1967. Trotzdem sei sein Buch bei langem keine vollständige Enzyklopädie aller Rockmusikfilme, verrät der Autor: „Hätte mir der Verlag keine Deadline gesetzt, würde ich jetzt noch schreiben …“ – und wahrscheinlich recherchieren. Auf jeden Film folgten nämlich fünf weitere Dokumentationen – eine unerschöpfliche Quelle tat sich Töpke auf. Viele von ihnen haben es deshalb nicht in „Rockmusikfilme“ geschafft: etwa „Runnin’ Down a Dream“ über Tom Petty oder „Highway Star“ über Ian Gillan. Dennoch ist das Buch ein Ritt durch die Musikgeschichte und bildet das vielseitige Rockgenre in all seinen Facetten ab.

Den Auftakt gibt „Bob Dylan: Don’t Look Back“, ein Klassiker unter den Dokumentarfilmen aus dem Jahr 1967. Auf zwei Seiten umreißt und kommentiert Töpke das filmische Werk über den US-amerikanischen Singer-Songwriter und kitzelt hervor, warum „Don’t Look Back“ Pionierarbeit für Musikvideos und Dokumentationen leistete. Unmittelbar darauf folgt die Mutter aller Musik- und Konzertfilme: „Woodstock“.
Film für Film arbeitet sich Töpke entlang des Zeitstrahls von den 60ern in die Gegenwart: „Cocksucker Blues“ über die Rolling Stones aus den 70ern, die deutsche Thrash-Metal-Dokumentation „Metal Mania“ von 1986, das Grunge-Manifest „Hype!“ von ’96, der Wacken-Heimatfilm „Full Metal Village“ aus 2006 oder das viel gelobte Meisterwerk „Oasis: Supersonic“ aus 2016.

Alle Rockmusikfilme sind absolute Perlen, doch hin und wieder verstecken sich außergewöhnliche bis unentdeckte Schätze unter ihnen. So wie etwa die Dokumentation „Botswana, die Königinnen des Heavy Metal“. Im südafrikanischen Land Botswana hat sich nämlich eine Subkultur herausgebildet, die patriarchalische Gesellschaftsstrukturen an den Pranger stellt. Regisseurin Sarah Vianney begleitet drei afrikanische Frauen, die sich dem Heavy Metal verschrieben und in der Musik ihre Identität gefunden haben. Die gesellschaftskritische Dokumentation beweist, dass das Genre keineswegs nur weiß, europäisch und männlich ist. Repräsentation ist der Schlüssel. Renatus’ Rundumschau zu „Botswana, die Königinnen des Heavy Metal“ wird durch ein aufschlussreiches Interview mit der Regisseurin ergänzt.
„Rockmusikfilme“ zeigt sich als Premium-Watch-List mit Rundum-Service, denn am Ende jedes Kapitels wartet stets ein weiterer Filmtipp zum gedanklichen Abdriften vor oder hinter die Bühnen legendärer Rock-Musiker:innen. Ein Must-Read für Musik-Fans.

Fotos Hartmut Pöstges, Daniel Leonforte

Vergiss nicht, abzustimmen.
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Denise Rosenthal

Geschrieben von Denise Rosenthal

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