Komiker Otto Waalkes präsentiert historische „Meisterwärke“ der Kunst.
In seinem neuen Buch „Ganz große Kunst“ lädt Otto Waalkes die Leser:innen zu einer humorvollen Tour durch die Kunstgeschichte ein. Von Höhlenfresken über Van Gogh bis hin zu Banksy hat der Komiker und Maler 75 parodistische „Meisterwärke“ geschaffen, um seine ganz eigene Version von der Geschichte der Kunst zu zeigen. Olaf Neumann hat mit dem Künstler gesprochen.
Herr Waalkes, Ihr Vater Karl war Malermeister. Erinnern Sie sich an den Moment, als Sie das erste Mal einen Pinsel in die Hand nahmen?
Angefangen habe ich mit Bleistiften, damit durfte ich auf die Rückseiten der Tapetenmuster zeichnen, die mein Vater in dicken Büchern daheim hatte. Zum Pinsel griff ich später.
Sie haben ab 1970 acht Semester an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg studiert. Zu Ihren Lehrern gehörte der Maler Hans Thiemann. Wird man als Künstler geboren oder kann man Kunst lernen?
Man kann vieles lernen, auch das Zeichnen. Eigentlich muss man dafür ja nur genau hinschauen. Malen zu wollen, ohne zeichnen zu können, ist allerdings grenzwertig.
Was wäre die Welt ohne Kunst?
Für mich unvorstellbar. Und ich glaube, die meisten Menschen würden sich in einer Welt ohne Bilder, Musik und Bücher nicht besonders wohlfühlen. Kunst darf ja alles, bloß nicht langweilig sein.
Welcher berühmte Künstler spricht Ihnen aus der Seele?
Auguste Renoir zum Beispiel, der hat mal gesagt: Es gibt genug Scherereien im Leben; warum es nicht einmal auf die heitere Weise versuchen.
Ihr Markenzeichen, der Ottifant, hat es in den Duden geschafft. Und jetzt haben Sie berühmte Werke der Kunstgeschichte neu interpretiert – mit vielen Ottifanten. Machen Sie sich über den Kunstbetrieb lustig, weil wir ihn und die Kunst zu ernst nehmen?
Der Betrieb hat tatsächlich lächerliche Seiten. Manche Preise sind lächerlich, manche Lobpreisungen sind es auch. Und in Museen wird immer noch wenig gelacht und gelächelt – zu wenig für meinen Geschmack.
In Ihrem neuen Buch „Ganz große Kunst. 75 Meisterwärke“ präsentieren Sie die „wahre Geschichte der bildenden Kunst“ und eignen sich Kunst von der Höhlenmalerei bis zur Gegenwart an. Wollen Sie neu definieren, was Kunst zu sein hat?
So größenwahnsinnig bin ich noch nicht. Die „ganz große Kunst“, die haben andere geschaffen, und denen erweise ich mit diesen kleinen Parodien meinen Respekt.
Ihre Adaptionen von Meisterwerken von Michelangelo, Auguste Rodin, Franz Marc oder Edvard Munch sind verblüffend. Wie sehr darf man sich von etwas vorher Geschaffenem inspirieren lassen?
Wovon sollte man sich sonst inspirieren lassen, wenn nicht von den Besten? Das war schon immer so, Künstler lernen von der Kunst, die andere vor ihnen produziert haben.
Geht es Ihnen bei Ihren Adaptionen eher um die Idee oder um die Ausführung?
Das eine geht nicht ohne das andere: Um etwas parodieren zu können, muss man wissen, wie das Vorbild gemacht ist. Wiedererkennbarkeit und Überraschung – so funktioniert Komik.
Jetzt mal ehrlich: Sind Sie bei dem berühmten deutschen Kunstfälscher-Ehepaar Wolfgang und Helene Beltracchi in die Lehre gegangen?
Die beiden sind zu Recht berühmt. Das Dumme beim Fälschen ist bloß: Berühmt wird man nur, wenn man sich erwischen lässt.
Wie haben die es bloß schafft, die Kunstexperten über Jahrzehnte derartig zu täuschen?
Ganz einfach: Alle Beteiligten – Fälscher, Experten, Galeristen, Verkäufer, Käufer – haben profitiert von dem Betrug. Dass er überhaupt aufgeflogen ist, war die Überraschung.
Ist es Ihr Ziel, sich mit Ihren „Meisterwärken“ klammheimlich in die angesehensten Kunstinstitutionen, Privatsammlungen und auf den Kunstmarkt zu schleichen?
Nein. Das mache ich lieber ganz offen.
Möchten Sie mit Ihrer Art von Kunst den elitären Kunstmarkt demokratisieren?
Kunst zu machen, ist ja ein ziemlich elitärer Vorgang; vom Kaufen und Sammeln mal ganz zu schweigen. Dagegen hat so ein Buch doch etwas vergleichsweise Volksnahes.
„Um etwas parodieren zu können, muss man wissen, wie das vorbild funktioniert.“
Kann sich der Durchschnittsverdiener einen Otto Waalkes noch leisten?
Ich kann ihn mir nicht mehr leisten.
Was ist der Motor des Malers Otto Waalkes?
Mir macht das Malen einfach einen Riesenspaß. Außerdem lernt man so viel dazu! Spaß und Belehrung – wo kriegt man das sonst im Doppelpack?
Ein Land braucht Künstler für seine Identität. Wollen Sie mit Ihrern „Meisterwärken“ auch zeigen, was Deutschland ausmacht?
Ich fürchte, der Anteil deutscher Maler ist nicht so hoch in diesem Buch. Die Nationalitäten-Frage habe ich mir bei der Auswahl nicht gestellt, mir ging es darum, ob die Vorbilder bekannt sind und mir gefallen. Übrigens sind unter den beliebtesten Bildern des deutschen Publikums auch nicht besonders viele von deutschen Malern.
Wie denken Sie über die Aktionen der Klimaaktivisten in den Museen?
Soviel ich weiß, klebt man sich nicht an Bilder, sondern nur an die Rahmen. Das lässt doch auf eine gewisse Hochachtung der Kunst schließen.
Für welches Herzensthema würden Sie sich festkleben lassen?
Festkleben ist nichts für mich. Ich bin sehr sprunghaft und brauche ständig Bewegung.
Otto Waalkes erstmals an der Spitze der deutschen Single-Charts: Die Techno-Neufassung Ihres alten Songs „Friesenjung“ löste einen wahren TikTok-Boom aus. Hat das in Ihnen die Lust geweckt, bald mal wieder vor realem Publikum zu spielen?
Das Publikum bei TikTok ist doch weitestgehend ein reales? Oder meinen Sie, das sind alles Avatare? Dann werde ich demnächst auch einen Otto-Avatar über die Bühne schicken.
Foto Mike Kraus