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Im Labyrinth der Unvernunft

Bis zum 4. August 2024 stellt das Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweigs Francisco de Goyas Grafikzyklus „Los Disparates“ im jüngst eröffneten Raum „Kunst auf Papier“ aus.

Francisco de Goya schuf die Radierungen des Zyklus „Los Disparates“ zwischen 1815 und 1824. Die dramatischen Kompositionen, geprägt von kosmischer Düsternis, entführen die Betrachter in eine Welt zwischen Fantasie, Albtraum und Wirklichkeit. In diesen Arbeiten entfalten sich fließende Gegensätze von Mensch und Tier, Fesselung und Tanz sowie Maskerade und Enthüllung. Sie sind geprägt von bitterer Komik und krasser Grausamkeit und thematisieren nicht zuletzt toxische Geschlechterverhältnisse.

Zwischen Fantasie, Albtraum und Wirklichkeit
Die Ausstellung „Goya. Im Labyrinth der Unvernunft – Der Zyklus Los Disparates“ ist das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit mit der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Maria-Petra Ondrej, die Werkstattleiterin für Radierung an der HBK hat in einem studentischen Kurs inspiriert von Goyas Zyklus Arbeiten im authentischen Aquatinta-Verfahren angefertigt. Der Prozess wurde als Video dokumentarisch festgehalten; der Film ist ebenso wie einige der daraus hervorgegangenen Werke Ondrejs und ihrer Student:innen ebenfalls Teil der Ausstellung. Kurator der Exposition ist Prof. Dr. Thomas Döring, Leiter des Kupferstichkabinetts im Herzog Anton Ulrich-Museum, das eines der weltweit renommiertesten seiner Art ist.

Große Grafik
Goyas „Los Disparates“ gelten als Höhepunkt seines Gesamtwerkes und als Meilenstein in der Geschichte der grafischen Kunst. Zu Lebzeiten des Künstlers war an eine Veröffentlichung der Darstellungen aufgrund ihrer künstlerischen und kritischen Gewagtheit nicht zu denken. Erst nach Goyas Tod wurden die Blätter 1864 unter dem Titel „Los Proverbios“ (dt. Sprichwörter) von der Madrider Akademie veröffentlicht. Die Ausstellung im Herzog Anton Ulrich-Museum zeigt nicht nur die vollständigen 22 Aquatinta-Radierungen von „Los Disparates“ in der Erstauflage, von denen insgesamt nur 300 Stück angefertigt worden sind, sondern auch einen seltenen Probedruck und Beispiele aus Goyas vorherigen Radierzyklen. Zuletzt wurde die Reihe noch einmal 1937 neu aufgelegt, was unter dem historischen Eindruck des Faschismus in Europa und dem spanischen Bürgerkrieg zwischen 1936 und 1939 erneutes Indiz für Goyas Symbolleistung ist.

 

 

 

 

 

 

Opposition der Kunst
Francisco de Goya wurde 1746 bei Saragossa geboren und stieg in Madrid zum Mitglied der königlichen Akademie auf. Er diente als Hofmaler für drei Könige. Seit 1793, nachdem er vollständig ertaubt war, löste er sich zunehmend von offiziellen Verpflichtungen und erschuf eine ungebundene Bilderwelt in vier grafischen Zyklen. Vor der Bedrohung durch das reaktionäre Regime von Ferdinand VII. ging Goya 1824 ins Exil nach Bordeaux, wo er 1828 starb. Die metaphorisch aufgeladenen Illustrationen offenbaren bis heute auch für Forschende einen teils weiten Interpretationsspielraum und lassen sich differenziert deuten. Diese Vielschichtigkeit des Werks trägt maßgeblich zu seiner bis heute spürbaren Relevanz bei. „Heiterkeit und extremes Grauen fließen hier ineinander“, erzählt der Kurator Prof. Dr. Döring in einer persönlichen Führung. „Dabei funktioniert jedes Blatt labyrinthisch, setzt dargestellte Personen in unklare Beziehungen zueinander: Wer ist Täter, wer ist Opfer?“, so Döring.
Besucherinnen und Besucher können die Werke dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr betrachten. Der Eintrittspreis beträgt 9 € für Erwachsene, ermäßigt 7 € und 2 € für Kinder im Alter von 6 bis 17 Jahren.

Foto Herzog Anton Ulrich-Museum, Kathrin Ulrich

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Simon Henke

Geschrieben von Simon Henke

Bloß nicht mehr ins Auto

Mario, mach‘s nochmal!