Diamantenherzog
8. bis 18. April / Staatstheater (BS)
staatstheater-braunschweig.de
Christian Eitner und Peter Schanz laden zum neuen Streich und nehmen mit auf eine Zeitreise: Das Hip-Hop-Musical „Der Diamantenherzog und das brennende Schloss“ premiert am 8. April im Staatstheater Braunschweig.
Immer wieder gerne lädt das Kreativ-Duo aus Christian Eitner und Peter Schanz zur musikalischen Geschichtsstunde und klärt über Braunschweigs Historie auf: Woher hat die Wilhelm-Bode-Straße ihren Namen? Wer war Karl Wilhelm Ferdinand und was hat es eigentlich mit dem Schwarzen Herzog auf sich? Gemeinsam mit der Jazzkantine haben sie etwa schon den Heimatabend „Braunschweich! Braunschweich!“, den Western „Der Fluch der Oker“ oder zuletzt in „Eine kleine Biermusik“ Braunschweigs Bierbraugeschichte auf die Bühne gebracht und dabei jeweils einen ausgewählten Teil hiesiger Geschichte unter die Lupe genommen. Mit ihrem neuesten Werk „Der Diamantenherzog und das brennende Schloss“, das am 8. April am Staatstheater Premiere feiert, reisen sie ins Jahr 1815 und kombinieren kriegerische und aufständische Geschehnisse Braunschweigs mit Hip-Hop, Tanz, Humor und großer Theaterbühne. Mit dabei sind neben der Jazzkantine übliche Verdächtige wie Maike Jacobs, Louie, Markus Schultze, Josef Ziga und Anika Loffhagen.
Christian Eitner wird selbst in die Rolle des Schwarzen Herzogs schlüpfen und während er gerade an der Ostsee fleißig Texte lernte, haben wir mit ihm über das neue Stück geschnackt. Und eines sei vorweg schon verraten: So viel Comedy, wie wir es sonst von Jazzkantine-Stücken gewohnt sind, wird es nicht geben – stattdessen ein rund zweistündiges Stück, das eine große Geschichte erzählt und von Grund auf selbst geschrieben und komponiert wurde. Das Staatstheater Braunschweig ermöglicht dafür die passende große Bühne, tolle Kostüme und aufwendige Bühnenbilder. „Es ist ein völlig neues Format und auch für uns eine große Herausforderung“, meint Christian Eitner im Interview.
Braunschweig beginnt zu brodeln
Der Name Friedrich Wilhelm ist in Braunschweig wohl ebenso bekannt wie Heinrich der Löwe – immerhin thront er doch recht präsent auf dem Schlossplatz auf seinem Ross; Straßen und Plätze sind nach ihm benannt. Der Schwarze Herzog gilt als Kriegsheld im Kampf gegen Napoleon, hat sein Leben ehrenvoll auf dem Feld gelassen. Die dramatische Szene seines Falles eröffnet das Hip-Hop-Musical „Der Diamantenherzog und das brennende Schloss“, denn erzählt wird darin vor allem die Geschichte seines Sohnes Karl II., der seine Nachfolge antreten muss, obwohl er zu diesem Zeitpunkt gerade mal zehn Jahre alt ist. Die Übergangsregierung aus Hannover und dem britischen Königshaus sorgt in Braunschweig für eine angespannte Stimmung und legt gleichzeitig den Grundstein für die bis heute währende Fehde mit Niedersachsens Landeshauptstadt. „Als Karl dann mit 18 wirklich Herzog wurde, hatte er eigentlich gar keine Lust zu regieren“, klärt der musikalische Leiter des Musicals Christian Eitner auf. Es folgten keine der lang herbeigesehnten Reformen und politischen Veränderungen, dabei war Karl vielseitig talentiert: ein guter Reiter und Schütze, Schachspieler und Geschäftsmann. Gleichzeitig war er kunst-, theater- und musikaffin und widmete sich lieber den schönen Dingen des Lebens – etwa jungen Sopranistinnen oder Diamanten. Die Extravaganz des schillernden und obendrein unglaublich gut aussehenden Diamantenherzogs missfiel also den Braunschweiger:innen und so vertrieben sie ihn, jagten ihn mit Fackeln davon und setzten das Schloss in Brand.
„Der Diamantenherzog und das brennende Schloss“ baut auf diesem revolutionären Moment auf, wenn die Arbeiterschaft in der urigen Kneipe von Schwester Habenicht Pläne für den Angriff auf das Schloss schmieden. Hierbei handelte es sich immerhin um die erste Revolution, die von deutschem Boden ausging; dass sich ein Volk mit großem Mut und letztlich auch Erfolg gegen ihren Herrscher aufgelehnt hat. Es tobte und brodelte in Braunschweig.
Historien-Battlerap
Die damaligen aufständischen und bewegten Zeiten hat das Kreativ-Duo aus Christian Eitner und Peter Schanz in ein aufwendiges Hip-Hop-Musical verwandelt, das ab dem 8. April an 13 Nachmittagen und Abenden im Großen Haus des Staatstheaters aufgeführt wird. „Ohne die Pandemie hätten wir nie genug Zeit gehabt, so ein großes Projekt anzugehen“, so Eitner. In den vergangenen zwei Jahren hat er gemeinsam mit seinem Team etwa 50 000 Rap-Zeilen geschrieben, vertont und zu einer bunten Geschichte in 20 Bildern verarbeitet. „Die ganze Inszenierung ist schon recht komplex“, schildert er. Deshalb haben er und Peter Schanz bereits im Vorfeld einen Podcast aufgenommen, um ins Thema einzuführen und einen Vorgeschmack auf die musikalische Umsetzung zu geben. Im Unterschied zu einem herkömmlichen Musical wird die Jazzkantine höchstpersönlich gemeinsam mit zahlreichen anderen Musiker:innen auf der Bühne sitzen und musizieren – so kommt neben Musical-Feeling auch Konzertenergie auf, die wir so lange missen mussten. Dabei besinnt sich die Jazzkantine musikalisch zurück auf ihre Wurzeln: eingängiger, satt instrumentalisierter Rap mit Funk-Elementen.
Wenn auch die zugrunde liegende Geschichte vom „Diamantenherzog“ eine ernsthafte ist, so bleibt dennoch genügend Raum für Humor – etwa wenn sich Karl II. ein Rapbattle mit dem Grafen von Münster liefert. Dabei wird neben stilvollen Beleidigungen („dicker Dödel“) auch viel Geschichte und Inhalt transportiert, was in keiner Form besser funktioniert als über Sprechgesang. Schließlich wurzeln die Ursprünge des Genres Hip-Hop auch in einer musikgewordenen Sozialkritik und einem Aufruf zur Veränderung. „Es ist unglaublich, wie großartig diese Musik zum historischen Stoff passt“, meint Christian Eitner abschließend – und auch heute hat die revolutionäre Kraft von Musik nicht an Bedeutung verloren.
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