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Erinnerungen bewahren

Filme über die NS-Verbrechen gibt es zuhauf. Brauchen wir noch mehr?

Erst Anfang des Jahres erschien Jonathan Glazers Spielfilm „The Zone of Interest“ über Rudolf Höß, den Kommandanten von Auschwitz und seine Familie, die sich direkt neben dem Vernichtungslager ein idyllisches Zuhause errichteten. Jetzt im Sommer läuft die Dokumentation „Der Schatten des Kommandanten“ von Daniela Völker in den Kinos. Darin treffen Sohn und Enkel von Rudolf Höß auf die Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch und deren Tochter – ein historischer und bewegender Moment.
Im Juli erscheint zudem das Drama „Führer und Verführer“ von Joachim A. Lang über die Propagandastrategie von Goebbels.

„Schon wieder ein Film über Nazis?“
Immer wieder dringen Stimmen durch, die meinen, jetzt sei es aber auch mal gut mit den Nazifilmen. Man muss sich nur die Kommentarspalte unter entsprechenden Trailern anschauen und bekommt Sätze zu lesen wie „Mir hängt dieses Thema so übel zum Hals raus!!!“ oder „Hab mich schon gefragt, wann die nächste Moralkeule kommt“ oder auch „Brauchen wir solchen Film? Es gibt genug Dokus die fesseln.“ Ich hätte noch weitere auf Lager, darunter leider auch ziemlich widerwärtige Äußerungen, aber lassen wir das.
Auch im Grundsatzprogramm der AfD steht – wen sollte es wundern – „Die aktuelle Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst.“


Genau solche Ansichten sind der Grund, weshalb Filme über den Nationalsozialismus nötig sind. Immer und immer wieder. In der Schule, im Kino, im Fernsehen. Dabei geht es nicht darum, immer wieder zu betonen, wie schlimm Deutschland ist, sondern daran zu erinnern, was eine gefährliche Ideologie aus den Menschen machen kann. Da eine Aufarbeitung der Vergangenheit in Deutschland offensichtlich ja nicht funktioniert hat – in den meisten Familien wahrscheinlich noch weniger als im öffentlichen Diskurs – sind es gerade die persönlichen Geschichten der Zeitzeugen wie die von Anita Lasker-Wallfisch, die den Holocaust nur überlebte, weil sie im Mädchenorchester von Auschwitz spielte, die wir uns anhören müssen, in der Hoffnung, dass sie zu einem Fünkchen Menschlichkeit in der Gesellschaft führen.

Bitte noch mehr Filme
Gerade jetzt, wo die AfD zweitstärkste Partei bei der Europawahl wurde, wo in Niedersachsen die Jungen Nationalisten bei ihrer „Sonnenwendfeier“ mit Sturmhauben und Fackeln marschieren und wo junge Menschen auf Sylt ausgelassen rassistische Parolen grölen, muss gegen das Vergessen und Verdrängen gehandelt werden. Und dabei spielen Kunst und Kultur als eine Säule eine wichtige Rolle. Das Kino lässt uns mit den Opfern mitfühlen und gibt ihnen eine Stimme. Schauen wir hin und halten die Erinnerungen wach. 

Foto Wild Bunch Germany

Vergiss nicht, abzustimmen.
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Laura Schlottke

Geschrieben von Laura Schlottke

Rollendes Unheil

Ein Hoch auf Olympia!