Endlich wieder Juli

Neues Album und alte Hits im Gepäck: Juli schauen auf ihrer Sommertour im Braunschweiger Bürgerpark vorbei.

Vor 19 Jahren spülte die „Perfekte Welle“ durch die Radios und bescherte der Band Juli den Durchbruch. An den fünf Musiker:innen aus dem hessischen Gießen kam in den 2000ern niemand vorbei, auch die nachfolgenden Singles platzierten sich in den Charts. Im Laufe der Zeit und vier Alben später wurde es ruhiger um das Quintett.
Mit der Single „Fahrrad“ meldeten sich Juli 2019 schließlich zurück. Im vergangenen April folgte das Album „Der Sommer ist vorbei“.
Bevor wir an das Ende des Sommers denken, feiern wir aber erstmal, dass er jetzt da ist – natürlich mit Juli! Am 8. Juli spielt die Band im Rahmen der BRAWO OPEN in Braunschweig. Wir haben Sängerin Eva Briegel zum Interview getroffen.

 

Ihr seid gerade auf Tour und spielt jetzt einige Sommershows – wie fühlt sich das für euch an nach so einer langen Pause?
So lang war die Pause gar nicht. Unsere letzte Show haben wir kurz vor Beginn der Corona Pandemie gespielt. Und einige geplante und bereits bestätigte Festivals fielen dann ins Wasser, aus bekannten Gründen… Live spielen ist gerade richtig toll, man merkt, die Leute haben Spaß und hängen sich rein.

Euer letztes Album vor dem Comeback ist 2014 erschienen – war euch da schon bewusst, dass ihr euch für so viele Jahre (größtenteils) zurückziehen werdet?
Schon seit es uns gibt, haben wir immer wieder Phasen, in denen wir auch andere Sachen machen. Das gehört zu uns und ist vielleicht das Geheimnis, warum es uns als Band immer noch gibt. Trotzdem stehen wir immer miteinander in Kontakt, vielleicht nicht alle fünf, aber mindestens zwei oder drei sind immer sehr eng miteinander. Das kann mal wechseln, aber wir haben uns nie wirklich voneinander verabschiedet. Die vier sind einfach die Menschen, mit denen ich am liebsten Musik mache. Und Musik ist das, was ich in meinem Leben am liebsten mache. Trotzdem sind wir als Band sehr offen und holen auch immer wieder andere Leute dazu, schreiben auch mal mit anderen oder probieren neue Arbeitsweisen und andere Studios aus. Und irgendwann muss man sich disziplinieren und sagen: „Jetzt machen wir aber mal einen Punkt. Das ist jetzt Album Nummer fünf, und danach können wir weiter rumprobieren für Album Nummer sechs“.

Eva, du hast in der Zwischenzeit deinen Bachelor in Psychologie gemacht. Wie wichtig ist es für dich, ein „Standbein“ neben der Musik zu haben?
Für mich ist das sehr wichtig. Künstlern kann es leicht passieren, dass sie sich nur noch für sich selbst interessieren. Die ständige Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen, der eigenen Sichtweise, Interviews geben, das bekommt eine Wichtigkeit, die irgendwie falsch ist und meiner Meinung nach schlecht für die Seele. Und dann bekommt man auf Tour auch noch alles abgenommen, vom Wäschewaschen bis zum Kochen. Betreuungsverwahrlosung nennt unser Manager das scherzhaft. Mir ist es wichtig, am Leben anderer Menschen teilzunehmen, für andere da zu sein und auch Räume zu haben, in denen ich nichts leisten muss und einfach nur ich sein kann.

Was war bei euch der Auslöser zu sagen: „Jetzt machen wir eine neue Platte“?
Das stand eigentlich nie außer Frage. Das Wann war eher das Problem. Wir haben ja keinen Zeitdruck, und besonders Simon fragt sich immer, ob nicht noch ein besseres Lied angeflogen kommt, welches dann unbedingt noch mit auf die Platte muss. So ist es relativ schwer, einen Abschluss zu finden…

„Mir ist es wichtig, Räume zu haben, in denen ich nichts leisten muss.“

Auf dem neuen Album geht es viel um Vergänglichkeit. Schon im Albumtitel „Der Sommer ist vorbei“ und dem dazugehörigen Song schwingt eine gewisse Melancholie mit. Seid ihr in den letzten Jahren ernster geworden?
Wir waren schon immer sehr melancholisch. „Geile Zeit“ ist ja nicht unbedingt ein Stimmungskracher. Und wenn man von „Perfekte Welle“ und „Wir beide“ mal absieht, geht es auf unseren Alben auch eher nachdenklich zu. Jetzt sind wir allerdings in einem Alter, in dem wir schon ein bisschen was erlebt haben, und über alte Zeiten singen können. Das war mit Anfang zwanzig noch nicht wirklich der Fall. Aber ja, die aktuelle Weltlage stimmt mich nicht gerade euphorisch, was die Zukunft angeht. Ich setze da ganz stark auf die junge Generation. Ich weiß, das ist gemein, ich möchte die Verantwortung nicht denjenigen aufdrücken, die für die ganze Misere nichts können. Aber ich habe das starke Gefühl, viele junge Leute sind wesentlich klüger, reflektierter und wachsen in einem anderen Bewusstsein auf.

Ihr habt euch natürlich weiterentwickelt, dennoch ist der Juli-Sound auch nach zwanzig Jahren noch immer deutlich zu erkennen – wie groß ist die Nostalgie, wenn ihr alle aufeinandertrefft (sogar in den Berliner Hansa Studios von damals) und neue Musik aufnehmt?
Die Suche nach dem Sound, der die Band ausmacht, ohne dass man sich selbst kopiert, ist, glaube ich, die ewige Aufgabe einer Band. Aber wenn wir proben, live auftreten oder Musik aufnehmen, spielt Nostalgie eigentlich keine Rolle. Meistens haben wir eine sehr gute Zeit. Auch wenn Humor im musikalischen Werk der Band Juli eine eher untergeordnete Rolle spielt, haben wir entweder einen Heidenspaß oder wir streiten uns. Dazwischen gibt es wenig. Aber ja, wenn wir an Orte kommen oder Menschen wieder treffen, die für unsere Geschichte wichtig sind, verbindet mich das auch immer ein bisschen mit den Gefühlen von damals. Das ist wie wenn man in seine alte Schule zurückkommt oder in das Dorf fährt, in dem man aufgewachsen ist. Ein bisschen von den Gefühlen von damals ist dann wieder da. Das kann inspirierend sein.

„Entweder haben wir einen Heidenspaß oder wir streiten uns.“

Streamingdienste, Social Media – 2014 steckte das noch in den Kinderschuhen. Inwiefern hat sich eure Arbeit heute verändert und wie schaut ihr auf diese Entwicklung?
Das nehmen wir gelassen.

Sind eure Fans aus den 2000ern noch da und mit euch gewachsen oder kommt inzwischen schon eine neue Generation auf eure Konzerte?
Wir entdecken im Moment eine zweite, vielleicht schon eine dritte Generation auf unseren Konzerten. Von älter als wir bis Teenager ist alles dabei. Keine Ahnung, wie das gekommen ist… Am besten ist: Die Jugendlichen lassen die Handys stecken und haben eine gute Zeit, tanzen wild und singen jedes Wort mit. Da kann man sich mal eine Scheibe von abschneiden.
Was erwartet uns am 8. Juli in Braunschweig? Konzentriert ihr euch mittlerweile auf das neue Material oder kann auch noch immer zu „Perfekte Welle“ und „Geile Zeit“ gefeiert werden?
Die werden auf jeden Fall dabei sein, da wären wir ja schön blöd, wenn wir das nicht spielen. Auch einige andere Klassiker sind dabei, und natürlich das neue Album. Nach fünf Alben können wir ein Konzert spielen, das nur aus Hits und persönlichen Lieblingsliedern besteht. Ein richtiges Best-of also. Eine gute Mischung und auf jeden Fall viel zum Mitsingen. Man kann schon mal die Stimme ölen.

 

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Foto Amelie Siegmund

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Laura Schlottke

Geschrieben von Laura Schlottke

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