Kennt ihr eigentlich schon …
… Influencer Pat Müller?
Pat Müller ist Vielfalt Pur: Der 35 Jährige studierte Journalist arbeitet als Trau- und Trauerredner, Buchautor, Drittplatzierter Big Brother Teilnehmer, Influencer, Podcaster… Wir hatten den offenen Sympathiebolzen, den viele durch seinen Social-Media-Handle Patjabbers kennen dürften im Gespräch. Was rät er queeren Jugendlichen aus eigener Erfahrung zum Coming-Out-Prozess? Wie wars im Big-Brother Container und was macht ein Trauerredner eigentlich so? Feuer frei für die nackten Wahrheiten!
Was antwortest du auf die obligatorische Party-Standardfrage: „Was machst du so?“
In unserer Gesellschaft ist das ja irgendwie Gesetz, dass diese Frage auf den Beruf abzielt, also: Ich bin Trau- und Trauerredner. Diese Frage langweilt mich aber eher, die wird ja nur aus scheinbarer Höflichkeit gestellt, mich lernt man sicher mit anderen Fragen besser kennen. Wenn jemand wirklich ernsthaft etwas über mich wissen möchte, dann erzähle ich auch total gerne, intensiv und im Detail. Mich kann man alles fragen, es gibt nichts, was nicht erlaubt ist.
Du bist als Trauerredner tätig. Wie kams dazu? Was macht den Job aus und was schätzt du daran?
Ich habe meine Eltern früh an Krebs verloren, war 17 beim Tod meines Vaters und 24 als meine Mutter starb, beide habe ich bis zum Tod begleitet. Die Rede bei der Trauerfeier meiner Mutter war dann so unpersönlich, dass ich lieber selber was vorgetragen habe. Diese Erfahrungen haben mich geprägt. Während meines Journalistikstudiums habe ich oft über den Tod berichtet und fand Interesse an der Trauerarbeit. Jobmäßig habe ich aber Angefangen als Trauredner auf Hochzeiten, weil mein Ex-Partner eine Eventlocation hatte und oft nach Rednern gefragt wurde. 2020 hielt ich die Trauerrede für den Onkel meines Stiefvaters, was mich dann schließlich auch zum Trauerredner führte. Heute halte ich hauptsächlich Trauerfeier- und nur noch wenige Hochzeitsreden. Ich liebe diesen Beruf dafür, dass ich so viel Dankbarkeit und Wertschätzung erfahren darf. Ich hab ältere Damen, die kommen danach und sagen: ‚Herr Müller, darf ich sie mal drücken, das war so wunderschön, wie sie über meinen Mann gesprochen haben.‘
Du warst bei Big Brother. Wie wars im Container? Macht dir sowas Spaß und willst du mehr Reality-Tv machen?
Big Brother war eine der aufregendsten und schönsten Zeiten meines Lebens. Ich hätte nie gedacht, dass ich aus 14.000 Bewerbern ausgewählt werde und 100 Tage im Container bleibe, bis ins Finale komme und Dritter werde. Die Staffel hatte das Motto ‘Wieviel ist ein Mensch wert?’ und wir wurden täglich von den Zuschauern bewertet. Das hat viel mit einem gemacht, weil man ständig überlegte, was man sagen darf. Ich hatte Glück und war immer gut platziert, aber für andere war es sehr belastend. Diese Erfahrung hat mir geholfen, weniger darauf zu achten, was andere von mir denken. Wir waren die Coronastaffel und erfuhren erst später von der Pandemie. Es war surreal, aus einer gesunden Welt in eine kranke zurückzukehren. Ich bekomme hier und da Anfragen für andere Formate, aber überlege mir das dreimal, weil mir mein Beruf als Trauerredner zu wichtig ist. Ich möchte die Seriosität wahren und sortiere stark aus, was ich mache.
Du hattest mit Mobbing zu kämpfen, trittst heute sehr selbstbewusst auf. Was hat dich „Stark“ gemacht?
Ich glaube, ich trete selbstbewusster auf, als ich bin. Das Mobbing aus meiner Vergangenheit hat sehr viel mit mir gemacht. Mobbing ist ein ganz, ganz wichtiges Thema, das viel mehr Präsenz bekommen müsste, besonders an Schulen. Es ist mein großer Wunsch, eine Initiative zu gründen und an Schulen Vorträge zu halten. Ich habe bis heute Probleme mit meiner Optik und fühle mich nie gut genug, weil ich als übergewichtiger Junge so stark gehänselt und gemobbt wurde.
Was rätst du jungen Schwulen, die sich schwer damit tun, sich zu outen, weil sie nicht wissen wie, etc. Tipps?
Ich habe sogar vor Big Brother, also bevor ich diese Reichweite bekommen habe, YouTube gemacht, auch unter dem Namen Pat Jabbers. Da habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, jungen homosexuellen oder queeren Menschen Tipps und Tricks zum Thema Coming Out zu geben. Eine gute Methode finde ich, einen Brief zu schreiben, in dem man seine Gefühle ausdrückt. So können die Eltern alles in Ruhe lesen und verarbeiten, bevor man das Thema persönlich bespricht. Das war für mich die schönste Variante, weil man nicht unterbrochen wird und seine Gedanken klar äußern kann.”
Pride-Month genießen oder ist es dir manchmal alles zu aufgesetzt?
Unpopular Opinion: Ich sehe das Glas halb voll statt halb leer. Jede Firma, die sich für die queere Community einsetzt und Sichtbarkeit zeigt, ist wertvoll. Auch wenn es nur zum Pride-Month ist, freue ich mich darüber und sage: besser als nichts. Natürlich wäre es schön, wenn die sich das ganze Jahr über stärker einsetzen würden, aber jede Kleinigkeit zählt. Und auch wenn manche dem CSD vorwerfen, nur noch eine Partyveranstaltung zu sein: Es bleibt nach wie vor eine Demonstration, der Gedanke geht nicht verloren. Jeder queere Mensch freut sich halt, auch mal ausgelassen Spaß haben zu können, feiern zu können, keine Sorge zu haben, dass irgendwie eine Handbewegung zu feminin wirkt und man im Club XY gleich eine aufs Maul dafür bekommt.
Foto Simon Henke