Am 24. November beehrt Antje Schomaker mit neuem Album im Gepäck unsere Region und bringt das Wolfsburger Hallenbad zum Pulsieren – Antje für euch im SUBWAY Interview!
Antje Schomaker macht die Art deutsche Popmusik, die man mit gutem Gewissen gerne hört. Selbstgeschrieben, floskelarm, mit Power. Nach ihrem Erstlingswerk „Von Helden und Halunken“ 2018 steht ihr neues Album „SNACKS“ seit dem 6. Oktober in den Verkaufsregalen. Wir sprachen mit ihr über die Platte, über ihr Engagement für die Sichtbarkeit von Frauen im patriarchalen Musikbusiness, übers Touren mit Bosse, aufgehende Türen und darüber, wie es ist, wenn die eigenen Idole zu Features werden.
Am 24. November geht’s ins Hallenbad! Erstes Mal in Wolfsburg?
Stimmt. Ich hab noch nicht in Wolfsburg gespielt, dafür aber schon in Braunschweig, 2018 in der Eule. War super da. Sind danach noch geblieben für die Party. War ganz cool, ich mochte das. Braunschweig ist ja auch Bosses Ecke, ich hab da mit vielen Bosse-Fans gequatscht. Das war sehr schön.
Bosse ist ein gutes Stichwort, den hast du ja auch schon auf Tour begleitet.
Richtig, das war meine allererste Tour mit meiner Band. Das war ziemlich krass, direkt vor tausenden von Leuten zu stehen und im Nightliner mitfahren zu dürfen. Bosse hatte damals nur ein YouTube-Video von mir gesehen und sich dann gemeldet und gesagt ‚ich nehm‘ dich mit.‘ Ich konnte es nicht glauben. Durch den Bosse-Support ging damals dann für mich ganz vieles richtig los. Es sind viele Türen aufgegangen dadurch, dass Aki das für mich gemacht hat. Bin ich ihm bis heute sehr dankbar für.
Ein Feature mit ihm fehlt aber noch…
Er hat mir grade geschrieben, als meine neuen Songs rauskamen: ‚Chapeau, toll geschrieben, gefällt mir.‘ Richtig süß. Wir haben weiterhin Kontakt und er hat immer ein offenes Ohr für mich. Ist einfach ein tolles Gefühl so jemanden auf meiner Seite zu wissen. Wenn ich demnächst mal einen Song habe, bei dem ich sage ‚Boah, da passt Bosse gut drauf‘, werde ich ihn fragen. Mal gucken.
Du warst von Julis Musik früher schon sehr beeinflusst. Wie fühlt sich das an, nun wirklich ein Feature mit Sängerin Eva Briegel auf dem Album zu haben?
Mir bedeutet das sehr viel. Wir kannten uns schon durch meinen Song „Auf Augenhöhe“, bei dem sie auch dabei war. Es ist mir wichtig, dass man sich persönlich auch einfach gut versteht und so hab ich ihr „Irgendwohin“ mal geschickt, nachdem wir zusammen Mittagessen waren. Sie meinte dazu, dass sie sich Julimäßig abgeholt fühlt und auch der Rest von Juli meinte, sie seien traurig, dass das kein Juli Song ist. Das gesagt zu bekommen, von einer meiner Jugendidol-Bands, war krass. Als wir die fertige Version dann hatten, mit ihrem Gesang, und ich meinen Song anhöre und auf einmal kommt da Eva Briegel: Ich hatte Tränen in den Augen.
Du kennst die Musikbranche aus vielen Richtungen, hast selber Musikwissenschaften studiert, bei einer Booking-Agentur und einem Musikverlag gearbeitet. Rührt daher dein Engagement für Frauenrechte, welches du zum Beispiel im Song „Auf Augenhöhe“ zur Geltung bringst?
Ich bin lange genug dabei und hab‘ eine Menge erlebt und auch meine Kolleginnen haben eine Menge erlebt. Patriarchale Strukturen finden sich eben überall, das hört natürlich auch bei der Musikbranche nicht auf. Für Künstlerinnen ist dieses Business einfach anstrengend, weil ich angefasst werde beim Merch, weil ich von Musikproduzenten nicht ernst genommen werde, weil ich von Technikern, wenn ich bei einem Bühnenaufbau nach einem Tisch frage, gefragt werde, ob ich den zum Schminken brauche. Auch krieg ich von Technikern regelmäßig meine eigene Technik erklärt: „Du kannst deinen In-Ear-Empfänger auch lauter drehen.“ Ah danke. Von einem Kameramann habe ich mal bei einem Videobeitrag sehr viele anzügliche Kommentare bekommen und gegen Ende sagte er dann, er müsse noch kurz die Linse wechseln, damit das Bild genau so scharf ist, wie ich. Der Regisseur und der Tonmann haben dazu natürlich nichts gesagt. Oft ist man also alleine damit. Irgendwann war ich so wütend, dass ich eben „Auf Augenhöhe“ geschrieben hab, auf dem 124 Musikerinnen zu hören sind.
Lass uns übers Album sprechen! Wie lief die Arbeit daran?
Einige Songs habe ich schon seit vielen Jahren. Auch „Irgendwohin“ ist so einer. Von dem Song gabs schon so viele Versionen: Robert Stephenson, der Produzent von Von Wegen Lisbeth hat eine gemacht, Tim Tautorath unter anderem Producer von AnnenMayKantereit und auch diejenigen, die mein erstes Album produziert haben, haben eine gemacht. Es waren tolle Versionen, aber es war einfach nicht DIE richtige. In einem Festival Backstage hab ich dann mit meinem Gitarristen Felix Gerlach und meinem Live-Mischer Frieder Does gesessen, die meinten, sie würden sich gerne mal an einer eigenen Version probieren. Weil mir das dann so gut gefallen hat, haben wir als Freundesteam dann mein ganzes Album produziert.
Welche Themen verhandelst du darauf?
Es geht um sehr viel Intimität mit mir selbst aber auch mit anderen. Um ungesunde Liebe, aber auch um meine mentale Gesundheit und Freundschaft. Ein Album zwischen Introspektivität und Zwischenmenschlichkeit.
In deinem letzten Song „Nichts wirklich ganz“ beschreibst du die Zerrissenheit, die bei Menschen entsteht, beim Versuch etwas gelten zu wollen, ohne zu verstehen, was genau das sein soll. Ist das ein Gefühl, das du als vom Dorf Kommende in der Großstadt erlebt hast?
Ja. Ich glaube, dieses Suchen in der Großstadt und sich dabei verlieren, dann aber bemerken, dass man auch Anhalten muss, um irgendwo anzukommen, dass man nicht ankommt, wenn man immer weitersucht, sondern auch mal innehalten muss, um zu schauen, was man gerade schon alles hat. Deswegen bin ich Anfang des Jahres auch wieder zurück nach Hamburg gezogen, nach drei Jahren Berlin. Es war mir einfach zu viel. Ich habe gemerkt, dass ich mehr Ruhe brauche, ein Supportsystem um mich. Das habe ich hier in Hamburg. Der Song war übrigens ein one-taker. Felix hat den einmal auf der Gitarre gespielt, ich habe einmal gesungen. Wir hatten Tränen in den Augen, also war das der Take.
Foto Mitch Stöhring