Subkultur-Refugium

Happy Happy Feierei

In Zukunft
Donnerstags, Freitags, Samstags
Brain Klub (BS)
brain-klub.de

Forever Brain Klub – der Kult-Nachtclub am Bruchtorwall erweitert sein subkulturelles Partyprogramm in Zukunft wieder stark. Den aktuellen Öffnungsplänen macht vorerst jedoch die neue Corona-Verordnung einen Strich durch die Rechnung.

Brain Klub – das heißt Exzess, Ekstase und Exzentrik, Psychedelic und Harmonie, Underground, Sub- und Offkultur. Hier geht es um durchgetanzte und durchzechte Nächte, lange wach bleiben, sich in Musik und Rausch verlieren; auch um ein einzigartiges Programm, das sonst nirgends in der Stadt geboten wird und dazu jede Menge friedliche und freundliche Menschen, denen es im Mainstream nicht cool und gehaltvoll genug ist – ein Refugium von Individuen, die mehr wollen vom Nachtleben und dessen Drumherum; die sich wohlfühlen zwischen blauem Dunst und wummernden Bässen. Ein Ort, wo jeder so sein kann, wie er will. Nahezu alle Braunschweiger Nachtschwärmer können eine persönliche Anekdote zum Brain erzählen, das zwischen Wallstraße und Bruchtorwall zusammen mit der Haifisch-Bar und der Klaue ein Bermuda-Dreieck am östlichen Ende der Braunschweiger Partymeile bildet und das noch auf hat, wenn anderorts am frühen Morgen längst die letzten verstrahlten Gäste vom Putzlicht auf die Straße hinausgeblendet werden. Schnell fühlen sich nächtliche Grenzgänger zu Hause auf den zwei Etagen des beschaulichen Wohnzimmer-Nachtclubs – oben zwischen 70er-Jahre-Casinolampen und Polstermöbeln; unten auf der vernebelten Tanzfläche mit Bunkerkeller-Flair unter rhythmisch blitzenden Lichtern.

Das Leben des Brain
Schon vor über hundert Jahren befand sich in den Club-Räumlichkeiten ein schummriges Etablissement, um das sich viele Legenden ranken. Seit Ende des
19. Jahrhunderts (!) empfing man im „Zum Eisenbahner“ rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche all jene zu Kaffee oder Schnaps, die im normalen Alltag um den einstigen Braunschweiger Bahnhof keine Anlaufstelle hatten. An diese Zeit erinnert noch heute ein echtes Schienengleis, das an der Decke von einer Wand zur anderen über die heutige Tanzfläche führt.
In den 1980ern hieß die alternative Kneipe dann Koka, später Line und schließlich seit 1995 Brain Klub, seinerzeit eröffnet von den beiden Gastronomen und Club-Pionieren Ulrich Schwanke und Joachim Berger. Heute ist das Brain der wohl älteste Club der Stadt.
Weltberühmte DJs, Bands und Künstler:innen waren hier zu Gast, etliche deutsche Artists sind hier lange vor ihrem großen Durchbruch aufgetreten: Beatsteaks, Clueso, Deichkind, Trettmann – die Liste ist lang. Und auch die Polizei war mal mit 140 Knüppelträgern zu Gast: Die Razzia von 2014 – in der Rückschau völlig überzogen – sollte ein Zeichen gegen Drogen im Nachtleben setzen. 210 Gäste wurden kontrolliert, bloß eine Handvoll Vergehen wurde geahndet.
„Nach Hunderten Konzerten und Tausenden DJ-Gigs an ein und derselben Stelle war es Zeit für mich mal in eine neue Richtung zu schauen“, sagte Schwanke schließlich im Jahr 2018 und übergab den Club an eine neue Generation Nightlife-Experten. Doch dem jungen Kollektiv um Disco-Mogul Tim Lemke, das frischen Wind in den Laden bringen sollte, nahm Corona schon nach etwas mehr als einem Jahr größtenteils den Wind aus den Segeln.

Szenen und Szenetypen
Nun tut sich aber wieder was. Nachdem der Klub sich von der Pandemie und deren Restriktionen bislang nur langsam erholen und auch nicht wirklich wieder finden konnte, soll es jetzt bald wieder richtig losgehen. Ein Reboot des Partyprogramms war ursprünglich für Anfang Dezember geplant, doch aufgrund der neuen Corona-Verordnung, die eine Öffnung nur unter strengen Auflagen vorschreibt, verschiebt sich der Neustart vorerst. Feiern im Brain mit Maske und Abstand? Unmöglich. Öffnen mit nur fünfzigprozentiger Auslastung? Unwirtschaftlich.
Der erneute Wechsel in der Betreiberdoppelspitze um Tim Lemke bringt jedoch frischen Wind in den Kult-Klub: Neben den etablierten Drum’n’Bass-Abenden von Ly Da Buddah wird das Feierspektrum wieder stark erweitert, sobald es die Corona-Situation wieder zulässt. Die 2019 im Eulenglück auf Eis gelegte und Headliner-starke Deep-House-Reihe „Gute Nacht“ erfährt eine Wiedergeburt mit Opening-Konzert, auch zwei erfolgreiche Serien des ehemaligen Pantone in der Steinstraße werden wiederbelebt und bringen Rap, Funk, Soul und House zurück ins Brain: Block Party und The Hip Drop. Extravagant und exzessiv freuen sich die Betreiber auf ihre zukünftige Zusammenarbeit mit dem Checkmate Collective, das derzeit aus Braunschweig in die Welt alle Trap-Rekorde bricht und eigentlich am ersten Weihnachtstag zum „38 Milligramm X-Mas Edition“ das Brain unsicher machen wollte. Etliche weitere Formate mit verschiedenen Musikgenres und Szenen sind in Arbeit, um das Brain wieder zur Anlaufstelle Nummer 1 für subkulturelle Feierei aller Art zu machen und damit eine schmerzhaft klaffende Lücke im hiesigen Nachtleben saftig zu stopfen. Denn auf der Meile fehlt seit langer Zeit der starke Kontrast zum Mainstream rund ums Gieseler-Eck. So soll im Brain auch der Donnerstag wieder als fester Feiereitag etabliert werden, an dem neue Residents breit aufgestellt ihre Lieblingstanzmusik spielen und dabei nicht nur eine Szene ansprechen. So könnte donnerstags zwischen Klaue, Haifisch-Bar und Brain das alternative Bermuda-Dreieck an der Ostseite der Meile wiederauferstehen.
Und auch kleine Konzerte sind in naher Zukunft wieder geplant. Der Ideenreichtum des neuen Betreiber-Duos kennt aktuell noch keine Grenzen. Mal sehen, was draus wird… Brain Klub forever, forever Brain!

Fotos Benyamin Bahri

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Laura Schlottke

Geschrieben von Laura Schlottke

Weihnachtsstimmung in der Region

Ciao Selbstzweifel