Kult-Schauspieler Christoph Maria Herbst über seine Hauptrolle in „Es ist nur eine Phase, Hase”
Er ist gelernter Bankkaufmann, doch bald fand Christoph Maria Herbst, 55, die Schauspielerei spannender als das Geld. Mit „Sketchup“ und „Ladykracher“ begann die Comedy-Karriere, mit der Sitcom „Stromberg“ folgte 2004 der große Durchbruch. Als Ekelchef räumte er den Grimme-Preis sowie drei Jahre in Folge den Deutschen Comedypreis ab. Zu den Kinofilmen gehören „(T)Raumschiff Surprise“, „Wickie auf großer Fahrt“, „Männerhort“ oder „Er ist wieder da“. Aktuell ist Herbst gleich doppelt in den Kinos zu sehen: Als rassistischer Professor tritt er in Sönke Wortmanns „Contra“ auf, den liebeskranken Familienvater spielt er in der Bestsellerverfilmung „Es ist nur eine Phase, Hase“ von Oscar-Preisträger Florian Gallenberger. Mit dem Schauspieler unterhielt sich unser Filmexperte Dieter Oßwald.
Herr Herbst, finden Sie es nicht ungerecht, dass Frauen keinen Josef als Mittelnamen wählen dürfen, Männer jedoch die Maria, so wie in Ihrem Fall?
So lange ich bis zum heutigen Tage Post an die Eheleute Christoph und Maria Herbst bekomme, ist der Untergang des Abendlandes noch nicht abzusehen.
Sie haben das Gender-Sternchen bereits eingebaut im Namen. Wie kam die Maria in Ihrer Jugendzeit an?
Als Kind war die Maria für mich nur ein Appendix, den ich gar nicht so ernst genommen habe. Zumal meine beiden Schwestern ja ebenfalls Maria nach ihrem Rufnamen heißen. Erst als ich mit meiner Karriere als Schauspieler begann, habe ich das wahre Potenzial der Maria im Namen entdeckt. Christoph Herbst ist ein ziemlicher Konsonantenhaufen, die Maria lässt das sehr viel schöner klingen und bringt es in eine sanfte Richtung. Wenn ich damals bei der Deutschen Bank geblieben wäre, hätte ich allerdings sicher einen Josef fürs Namensschild dazu gekauft.
Als Kotzbrocken haben Sie Kultstatus. Auch in Ihrer neuen Rolle dürften Sie nicht unbedingt alle mögen. Spielen Sie gerne Figuren mit geringen Sympathiewerten?
Im Prinzip sind mir die Unsympathen stets willkommen. Es ist aber auch eine schöne Abwechslung, wie jetzt in „Phase Hase“ einen Familienvater mit drei Kindern zu spielen, der um die Liebe zu seiner Frau kämpft. Es freut mich, wenn Filmemacher mehr in mir sehen als nur den Arsch vom Dienst.
War Sönke Wortmann demnach etwas kurzsichtig, als er sie für „Contra“ als rassistischen Professor besetzte?
Nein, dieser Professor ist ja nur auf den ersten Blick ein ruppiger Unsympath. Er macht im Film eine Entwicklung durch und man erfährt jene Gründe, die ihn zu diesem Zyniker werden ließen. Tatsächlich ist unser Professor ein enttäuschter Romantiker, mit dem es das Schicksal nicht immer gut meinte. Kühler Kopf und warmes Herz war immer schon meine Devise, nicht nur bei der Rollenwahl.
Wie groß sind die Schnittmengen zwischen Ihnen und den Figuren, die Sie spielen?
Die Schnittmenge liegt bei null. Mit diese Figuren habe ich überhaupt gar nichts zu tun, umso größer ist meine Freude, solche Typen zu verkörpern, die so weit von mir entfernt sind. Damit macht der Beruf erst so richtig Spaß.
Würde es nicht noch ein bisschen mehr Spaß machen, einmal den Romeo zu spielen?
Den Romeo habe ich ja bereits gespielt, am Stadttheater Bremerhaven in den 90er-Jahren! Da der geschätzte Kollege Leonardo DiCaprio die Rolle im Kino bereits kongenial umgesetzt hat, braucht die Welt nicht zwingend noch einen Herbst’schen Romeo.
Wie viel Spaß macht so ein Promi-Status? Wünschen Sie sich bisweilen eine Tarnkappe, wenn Sie bei Edeka einkaufen?
Nein, der „Stromberg“ verblasst tatsächlich immer mehr. Zudem sehe ich im richtigen Leben ja anders aus als die meisten meiner Figuren. In „Phase Hase“ habe ich mir wieder ein ganz anderes Erscheinungsbild zugelegt, diese äußere Verwandlung gehört für mich ganz einfach zum Beruf dazu.
Bisweilen erinnert „Phase Hase“ eine Kinoversion der TV-Serie „Merz gegen Merz“ …
Stimmt, es gibt bisweilen Ähnlichkeiten, aber das ist Zufall. Das Drehbuch zu „Phase Hase“ entstand lange vor der ersten Staffel von „Merz gegen Merz“. Die dritte Staffel haben wir übrigens gerade abgedreht, das müsste noch bis Ende des Jahres im ZDF gesendet werden.
Bei den Kommunikationsproblemen zwischen Frauen und Männern könnte fast Loriot als Pate für „Phase Hase“ gelten …
Das muss ich natürlich weit von mir weisen: In diesen Schuhen von Loriot könnte ich mit einer fünfköpfigen Familie wohnen. Sich mit Loriot zu messen, wäre auf alle Fälle vermessen. Wobei mich der Maestro des Komischen schon sehr geprägt hat. Seine beiden Kinofilme schauen wir zu Hause mindestens einmal im Jahr gemeinsam an – und es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken bei „Ödipussi“ und bei „Pappa ante portas“.
Loriot galt als ziemlich pedantisch. Wie genau nehmen Sie die Humorarbeit?
Ich erlebe durchaus, dass wir 15 oder 20 Wiederholungen einer Szene drehen. Umgekehrt kommt es nicht selten vor, dass bereits die erste Szene gleich auf Anhieb funktioniert. Aber es wird wohl jeder bestätigen, dass es im Film nichts Schwierigeres gibt als eine Komödie: Das ist schon eine sehr ernste Knochenarbeit!
Sie stammen aus Wuppertal. Waren Sie damals auch bei der Tanz-Ikone Pina Bausch?
Ich war ständig bei Pina Bausch. An Pina kam man ja gar nicht vorbei, das wollte man auch nicht. Es gibt kein einziges ihrer Stücke, das ich nicht gesehen hätte. Wobei sie selbst nur selten anzutreffen war, weil sie ständig unterwegs auf Tourneen gewesen ist. Wuppertal ist zunächst auch recht stiefmütterlich mit ihr umgegangen, bis man irgendwann gemerkt hat, welchen Schatz man mit ihr hat.
Interview Dieter Oßwald
Fotos Majestic