Das neue Sparbuch und seine Risiken
Spätestens seit dem Anstieg der GameStop-Aktie im Jahr 2021 ist den Meisten klar, dass auch die kleinen Leute einen bedeutenden Einfluss auf den Aktienmarkt haben können. Dies ist vor allem den sogenannten Neo-Brokern zu verdanken, die den Handel mit Wertpapieren seit einigen Jahren immer niederschwelliger und schneller gestalten. Was man einerseits als eine gesellschaftliche Gleichstellung im Sinne der Chancengleichheit am Kapitalmarkt betrachten könnte, birgt andererseits auch einiges an Gefahren. Diese sind jedoch oftmals selbstverschuldet und entstehen durch reine Gier oder FOMO, die Fear of missing out.
Hat man keine Ahnung von Aktien, doch möchte in das Geschäft einsteigen, informiert man sich in der heutigen Zeit vermutlich zunächst über soziale Medien wie YouTube. Hier sollte man allerdings vorsichtig sein, denn ein Großteil der Leute, die ihr dort finden werdet, sind von ihrer eigenen Gier getrieben. Ihnen ist nicht besonders viel daran gelegen, dass ihr euer Geld vermehrt, denn in erster Linie wollen sie euch irgendwelche Produkte, Links oder Bücher andrehen. Sie verdienen ihren Reichtum meist nicht durch Aktien, sondern durch euch. Trotzdem gibt es in diesem Meer des Informationsmülls natürlich auch einige Inseln des vertrauenswürdigen und qualitativ hochwertigeren Contents.
Beim Investieren in Aktien denken die Meisten wahrscheinlich an schmierige Typen, die riesige Beträge in einzelne Aktien stecken und beim Zocken in kürzester Zeit horrende Summen gewinnen oder verlieren. Hierbei handelt es sich allerdings keinesfalls um Investitionen, sondern um Spekulationen, mit denen ein großes Risiko einhergeht. Auch Investitionen in Aktien sind durch die Kursschwankungen natürlich nie vollständig risikofrei, doch durch eine Diversifizierung des Portfolios und einen längeren Anlagezeitraum lassen sich Risiken minimieren und die Chance auf einen Zinssatz, der alle Sparbücher aussticht maximieren.
Was beim Diversifizieren eines Portfolios, also der Gesamtheit eurer Aktienanteile, sehr hilfreich sein kann sind sogenannte ETFs. Dabei handelt es sich um Aktienpakete, die mehrere hundert oder sogar tausend verschiedene Aktien umfassen. Somit muss man nur in eine Sache investieren, um ein sehr breit aufgestelltes Portfolio zu erhalten. Dass die Aktienvielfalt so wichtig ist, liegt daran, dass man versucht, den Mittelwert des gesamten Kapitalmarktes so gut wie möglich abzubilden. Dieser steigt auf lange Sicht nämlich relativ verlässlich um etwa 5-7% pro Jahr. Da man es auf den Durchschnitt der potenziellen Schwankungen des Marktes absieht, spielt hier, wie bereits erwähnt, die Dauer der Investition eine große Rolle.
Womit so einige ein Problem haben dürften, sind jedoch die Unternehmen, in die ihr Geld bei einer Anlage in ETFs investiert wird. Wer diese Bedenken hat, sollte sich mal mit Nachhaltigkeitsindikatoren wie ESG (Environmental, Social and Governance) oder SRI (Socially Responsible Investment) auseinandersetzen. ETFs mit dieser Zusatzbezeichnung basieren auf den gängigen Aktienpaketen, doch verzichten auf alle Teilaktien, die gewissen Nachhaltigkeitsstandards nicht genügen. Dadurch verringert sich zwar die angestrebte Diversifizierung, doch für viele dürfte sich das in Form eines besseren Gewissens bei der Investition auszahlen.
Betrachtet man nun die Neo-Broker sind sie zunächst eine schöne Sache, denn sie bringen durch ihre nutzer:innenfreundliche Aufmachung viele neue, vor allem junge Menschen in den Aktienmarkt und geben ihnen die Möglichkeit, an diesem doch sehr vielversprechenden Geschäft teilzunehmen. Doch was nicht zu unterschätzen ist, ist die Gefahr des einfachen Handels. Denn Aktien gehen nicht nur nach oben, sondern fallen genauso schnell wie sie gestiegen sind und vielversprechend sind lediglich langfristige und diversifizierte Anlagen. Neo-Broker regen viele jedoch zum schnellen Geld durch einfache Investments in Einzelaktien an. Damit wird das Investieren allerdings zum Besuch im Kasino und entfaltet ein gefährliches Suchtpotenzial, was schwerwiegende Folgen haben kann.
Zocken macht natürlich spaß und ist grundlegend auch ok, allerdings sollte es vom tatsächlichen Investment getrennt werden und nur einen extrem geringen Teil des Gesamtvermögens ausmachen. Wer nicht gierig ist und auf Impulskäufe bei Einzelaktien verzichtet, kann im Aktienmarkt beispielsweise mit langfristig angelegten ETF-Sparplänen einen guten Teil seiner Rente erwirtschaften und das dank Neo-Brokern ganz selbstständig und ohne teuren Bankberater.
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