in

Biodiversität: Ein Wirtschaftsthema

Warum der Schutz unserer Biodiversität von rationalem und monetärem Interesse ist

Nur zu häufig tun sich Gräben auf im öffentlichen Diskurs, bei denen sich ein Eindruck einschleicht, wirtschaftliches Denken vertrage sich schlicht nicht mit ökologischen Idealen. Da wettern die Wirtschaftsverbände gegen zu strikte Umweltauflagen und die Klimaschützenden sehen in großen Industriekonzernen den wahrhaftigen Teufel. Dass tatsächlich die Vielfalt unserer Flora und Fauna im eigentlichsten Sinne des Wortes ein Wirtschaftsfaktor ist, ist kein häufig besprochenes Konzept.

 

Das Konzept der Ökosystemdienstleistungen ist deshalb spannend, um sich vor Augen zu führen, welche handfesten Sachwerte uns die Natur in der Theorie rein kostenlos zur Verfügung stellt – Pflanzen verstoffwechseln CO2 und erzeugen Sauerstoff, Bienen und andere Insekten bestäuben Nutz- und Zierpflanzen, Pilzkulturen zersetzen abgestorbenes organisches Material etc. Diese Leistungen wurden die längste Zeit von menschlichen Zivilisationen nicht explizit als Wert gesehen, sondern einfach – und dem ist letztlich auch nicht zu widersprechen – als selbstverständlich aufgefasst. Doch in Zeiten wie den unseren, in denen Ballungszentren Handlungsfähigkeit einbüßen aufgrund von Feinstaubbelastungen und Smog-Wolken, in denen Wälder kranken und die Bienen verschwinden, wird sichtbar, dass diese Dienstleistungen einen monetär-messbaren Wirtschaftsfaktor darstellen und so auch mit in Bepreisung und Kosten-Nutzen-Modelle eingerechnet werden können.

Ökosystemverluste = Teuer
Inzwischen gibt es ganze Landstriche, wie in der chinesischen Region Sichuan, in der Blüten von Menschenhand bestäubt werden müssen. Ein Bild, dass sich international verbreitet hat und stellvertretend für die Auswirkungen eines krassen Biodiversitätsverlusts steht. Durch den jahrzehntelangen exzessiven Einsatz von Pestiziden wurden die Populationen von Honigbienen und anderen Bestäubern derart verkleinert, dass dieser Mehraufwand nun Menschen zuteil wird, die selbstredend auch entlohnt werden sollen, wodurch jedoch die Kosten für die Produktion von Nahrungsmitteln steigen. Die Arbeit der Bienen kriegt also dann einen ziemlich exakt zu bemessenden Wert, wenn diese ihre Ökosystemdienstleistung nicht mehr erbringen können. Dieses Konzept kann auf verschiedene Themenfelder angewendet werden, wodurch der Schutz der Umwelt plötzlich kein Contrapunkt für wirtschaftliches Handeln, sondern ein Produktionsmittel, eine Triebkraft wird. Genau hier liegen Chancen, in bestehenden Wirtschaftssystemen ökologische Wandel herzustellen, denn konsequent zu Ende gedacht bedeutet das: Niemand muss ein besonders idealistischer Mensch sein, um umweltverträglich wirtschaften zu wollen. Auch wenn hier definitiv noch viel Luft ist, dieses Konzept weiter in die Kalkulationen der Wirtschaft zu bringen, tut sich etwas.

Gute Ideen
In der Forstwirtschaft nimmt man mehr und mehr Abstand vom Anbau von Monokulturen, die theoretisch einfacher zu pflanzen und zu roden sind und damit höhere Gewinnmargen am Holzmarkt zur Folge hätten. Durch die einseitige Bepflanzung der Flächen entwickelt sich jedoch auch die Ansiedlung der Tier- und Pilzwelt so eindimensional, dass etwa Schädlinge wie Borkenkäfer sich stark vermehren können und leichteres Spiel haben, einen ganzen Nadelforst zu zerstören, was wiederum sehr unwirtschaftlich wäre. Mit gesünderen Mischwäldern fährt man letztlich also nicht nur ökologischer, sondern auch wirtschaftlicher. Ähnlich verhält es sich mit Blühstreifen, die man immer häufiger an Agrarflächen vorfindet, in denen sich Insektenpopulationen erholen können, wodurch ihre Dienstleistung, Pflanzen zu bestäuben sichergestellt wird.

Foto Moritz-stock.adobe.com

Vergiss nicht, abzustimmen.
+1
0
+1
0
+1
0
+1
0
+1
0
+1
0
+1
0
Simon Henke

Geschrieben von Simon Henke

Gutes tun mit Stil

Deine Karriere