Diesen Dezember feiert der Drecksklub sein 10-jähriges Jubiläum
Ein ganzes Jahrzehnt lang erfreut die Gruppe um Mirja Lendt und Martin von Hoyningen Huene jetzt schon ihr begeistertes Publikum. Das muss natürlich gebührend gefeiert werden! Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit Mirja über die Arbeit an den Drecksklub-Produktionen, bisherige Shows und natürlich darüber, was wir von der großen Jubiläumssause erwarten dürfen.
Was genau ist denn eigentlich der Drecksklub?
Der Drecksklub ist eine skurrile Musikshow mit Live-Band! Sie spielt in einer schäbigen Kneipe mitten im Moor. Die Show funktioniert im Stil einer Serie, in der die meisten Figuren seit zehn Jahren bekannt und wiederkehrend sind. Hier leben und streiten das Wirtspaar Wilma die Walze und Odius die Kröte. Das abgehalfterte Wirtspaar ist fest entschlossen, den Laden über Wasser zu halten und nach Ruhm und Ehre zu streben. Dafür benutzen sie zum Beispiel auch ihre Tochter Morja „Das Irrlicht über den Sümpfen“, die mit ihrem schaurig-schönem Gesang die Gäste (und vereinzelte Wanderer) in den Laden lockt.
Die Gäste sind sonderbare Gestalten. Figuren wie die depressive Hirschkuh, Fliege die Barfly, eine Kakerlake, ein Zweigesichtiger Poet und sogar der Tod. Die Haus-Band besteht aus einem aufgedrehten Erdmännchen am Schlagzeug, einem wechsellaunigen Chamäleon am Bass und Dr. Fungus am Piano.
Die Show ist eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Musikgenres, von Chanson bis hin zu Rock, Blues, Jazz, Punk oder auch klassischen Stücken von Brecht, Georg Kreisler und vielen mehr. Jede Show ist einzigartig und arbeitet zu einem ausgewählten Thema, das mit passenden Songs, alten und neuen Gästen sowie vielen Überraschungen umgesetzt wird.
Und was ist dein Job dabei?
Mein Job ist es, das alles ins Leben zu rufen. Projektleitung, Antragstellung, Probenpläne, Skriptentwicklung, Regie, gemeinsam mit Martin von Hoyningen Huene, und schließlich – und das ist das Beste an allem – selbst auf der Bühne zu stehen als Wilma und ihre Tochter Morja.
Wie entstehen die Geschichten hinter den Drecksklubinszenierungen?
Sie werden ausgedacht. Ganz schlicht am Schreibtisch. Auch wenn einige glauben, wir wären dabei nicht ganz nüchtern… Ich schreibe einen ersten Entwurf und tausche mich dann mit Martin aus. Wir senden uns das Skript hin und her, feilen daran und sehen dann in der Endwoche welche Szenen gut funktionieren und welche noch überarbeitet werden müssen. In der Woche vor der Premiere nehmen wir dann gerne noch gute spontane Witze und Ideen, die durch Improvisation entstanden sind, in den Ablauf auf. Der Großteil der Arbeit – und das geschieht als Erstes – ist die Auswahl der Musik, um die herum eine Story gebaut wird. Dies passiert schon Monate vorher. Auch die musikalischen Proben starten 3-4 Monate vorher.
Momentan steht alles unter dem Stern „La Bumm Die Fete“. Heißt das, es wird kuschelig und romantisch? Und viel wichtiger: Bekommen wir ein paar ordentliche 80s-Hits kredenzt?
Romantisch… Drecksklub… ? Ich denke die Leute können sich wie immer auf einen wilden Ritt durch die Musikgeschichte und –jahrzehnte freuen. Ein markanter Film-Song darf bei diesem Thema natürlich nicht fehlen, aber mehr wird nicht verraten.
Sind das LOT und der Drecksklub miteinander verbandelt?
Der Drecksklub und das LOT-Theater sind eigenständig. Es gab zwar auch schon Kooperationen, aber der Drecksklub ist grundsätzlich ein eigenständiges Format, das in diesem Jahr als Gastspiel im LOT auftritt.
Der Drecksklub ist ursprünglich ein Projekt des Künstlerkollektivs „agentur T“, das Martin und ich gemeinsam ins Leben gerufen haben. Neben dem Drecksklub haben wir unter diesem Namen auch weitere Theaterstücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene entwickelt. „agentur T“ wird aber in Zukunft keine weiteren gemeinsamen Projekte ins Leben rufen. Seit 2023 so läuft der Drecksklub nun unter meinem Produktions-Namen: „wonderlendt performances“. Trotzdem bleibt uns Martin als Odius erhalten.
Wie finanziert Ihr Euch?
Wir stellen Anträge an Stiftungen und finanzieren uns durch Förder- und Eintrittsgelder. Die Förderer wechseln auch immer wieder. In diesem Jahr werden wir gefördert von der Braunschweigischen Stiftung, der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und der Braunschweigischen Sparkassenstiftung – das LOT Theater ermöglicht uns durch das Gastspiel außerdem eine Spielstätten-Förderung.
Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Hat sich in der Zwischenzeit ein bisschen etwas verändert oder ist immer noch alles wie zur ersten Premiere?
Zehn Jahre sind eine lange Zeit, da gab es schon ein paar Änderungen, aber der Kern blieb gleich.
Im Background hat sich geändert, dass die komplette Projektleitung nun bei mir liegt. Das Team hat sich in den zehn Jahren auch etwas verändert. Von der Ursprungs-Band ist nur noch unser Erdmännchen „OlafE.“ am Schlagzeug übrig. Bass- und Klavierspieler wechselten. Wir arbeiten mit einem festen Kernteam, das sehr professionell ist und die Struktur der Show kennt und liebt. Wir bauen auf dieses Team, das in der Lage ist, Szenen und Story schnell zu verstehen und darzustellen. Das ist wichtig, da für die gemeinsamen Endproben nicht viel Zeit ist. Dieses Team ist nahezu gleich geblieben und wechselt nur bei Krankheitsfällen. Dazu laden wir stets wechselnde Gäste ein.
Hat sich inzwischen sowas wie eine Fangemeinde entwickelt?
Ja, wir sind sehr froh darüber, Drecksklub Freund:innen oder auch die selbst ernannten „Drecksklub-Ultras“ wiederzutreffen. Besonders schön finden wir, dass die Alterspanne des Publikums so groß ist und wir eine breite Gruppe erreichen. Die Kartennachfrage ist sehr hoch und die Shows sind voll – wir sind sehr glücklich darüber, dass die Leute Bock haben auf unseren Humor, die Musik, die schäbige Bar an sich und die Figuren rundherum. Und wir freuen uns auch immer über Tiere und „Fantasie-Wesen“, die im Publikum sitzen.
Dürfen wir uns noch auf zehn weitere Jahre freuen?
Gerne, aber das hängt von vielen Faktoren ab – Sponsoren bitte melden! (lacht)
Welches war bisher Dein liebster Drecksklub und warum?
Jeder Drecksklub erfordert viel Arbeit und Herzblut und wächst einem Show für Show ans Herz. Trotzdem bleiben in den zehn Jahren manche Shows eher im Gedächtnis als andere, z.B.: „Der Drecksklub – Rouge (2018)“. Themen der Show waren: Cabaret, KitKat Club, Moulin Rouge, Dreigroschen Oper, Tüll, Flitter, roter Samt und düstere Gestalten. Alles Dinge, die sowieso gut in den Drecksklub passen. Das hat sich für mich sehr rund angefühlt. Auch die Songauswahl mochte ich sehr gerne: Big Spender, Seeräuberjenny, Mein Herr.
Ich mochte aber auch sehr gerne „Drecks on the Beach“, als wir an Weihnachten mal keine Lust auf Winter hatten und nur Sommer-Hits in einem absurden Strand-Setting spielten.
Habt Ihr auch schonmal auswärts gespielt?
Ja, wir haben 2016 im Theaterpark beim Festival Theaterformen gespielt, in der Brunsviga, außerdem zwei Mal beim HBK Sommerfest, auf dem Schloßplatz bei Kundgebungen sowie auf privaten Firmenfeiern.
Welcher ist im aktuellen Drecksklub Dein Lieblingssong?
No Spoiler (lacht). Aber einer ist dabei, den wollte ich schon immer mal mit Band singen.
Gibt es ein Thema, dass Du dir unbedingt mal für einen Drecksklub wünschen würdest?
Themen-Ideen gibt es viele und wir hören auch immer ganz viele Vorschläge von Interessierten.
Ich wünsche mir aber mit dem Drecksklub auch außerhalb von Braunschweig oder an kuriosen Orten wie in einem Zirkuszelt zu spielen. Oder eben wirklich mal in einer „echten“ großen Bar.
Foto Oliver Schirmer