Thomas Winter Braunschweiger Klavierbauerlehrling
in

Pianoman – Unternehmen Schimmel

Leidenschaftlich bauen, was Ohr und Seele erfreut.

Wohl kaum ein Musikinstrument ist so magisch wie das Klavier. Man schlägt eine schwarze oder weiße Taste an, was einen mechanischen Prozess in einem großen, Ehrfurcht erregenden hölzernen Kasten in Gang setzt, an dessen Ende ein kleines Hämmerchen auf eine Saite schlägt, wodurch schließlich ein Ton entsteht. Da ist es nur schwer vorstellbar, dass es Menschen gibt, die nicht nur verstehen, was in dieser musikalischen Blackbox passiert, sondern auch dazu in der Lage sind, mit den eigenen Händen eine solche zu bauen. Um besser verstehen zu können, wie das alles funktioniert, sprachen wir mit Thomas Winter, einem Braunschweiger Klavierbauerlehrling.

 

 

Was genau lernt man in deinem Beruf eigentlich?
Man lernt den Aufbau des Klaviers, Flügels und des Cembalos. Auch die anderen Zeitepochen des Tasteninstrumentenbaus werden im Ausbildungsberuf gelehrt. In den dreieinhalb Jahren lernt man Grundlagen des Schreinerberufs, wie man die Instrumente baut und repariert, richtig einstellt und was nötig ist, um es richtig zu stimmen und die Hämmerchen mit Nadeln so einzustechen, dass der Ton am Ende nicht hart und schrill ist, sondern weich und brillant. Doch neben dem technischen Handwerk lernt man darüber hinaus auch geduldig zu sein. Ein Instrument klingt erst so richtig gut, wenn es Ruhe, Zeit und Leidenschaft erfuhr. Das ist ähnlich wie beim Backen von Brötchen. Lange ruhen soll der Teig.

Ein Klavier ist ein unglaublich komplexes Instrument. Da hat man doch bestimmt mit einer Menge verschiedener Materialien zu tun, oder?
Wir verarbeiten überwiegend Holz und Metall, Lack und Filz. Kunststoffe sowie Kunstleder kommen eher seltener vor. Ein Klavier und ein Flügel sind für die nächsten 200 Jahre gebaut; da ist die sorgfältige Auswahl des Materials sehr wichtig. Als Handwerker wird man im Berufsleben mit fast allen Materialien konfrontiert. Diese verhalten sich unterschiedlich und man muss ihre Eigenschaften kennen.

Was sind für dich die schönsten Momente in deinem Beruf?
Wenn man fertig wird. Kein Scherz! Viele Arbeiten wiederholen sich häufiger. Hier kommt die Geduld ins Spiel. Es sieht einfach toll aus, wenn später alle passgenauen Bauteile an Ort und Stelle eingesetzt werden. Da sieht man, was man gemacht hat. Das Schönste ist aber zu sehen, wie Menschen Freude an einer schönen Stimmung haben. Die meisten reagieren immer sehr überrascht, wie schön ihr Klavier nach dem Stimmer wieder klingt. Und für mich ist es natürlich wirklich spannend zu hören, welche Stimme in einem Instrument verborgen liegt. Jedes hat seinen eigenen Charakter und auch die Arbeiten daran sind immer unterschiedlich.

Klavier stimmen

Bist Du selbst auch Pianist? Und muss man das sein, wenn man Klavierbauer:in werden möchte?
Kein beruflicher Pianist. Denn ich möchte das machen, worauf ich Lust habe. Wenn ich beruflich dazu „gezwungen“ werde, verliere ich möglicherweise den Spaß daran. Meine Klavierbauarbeiten sind eigentlich genauso spannend wie das Musizieren selbst. Vielleicht studiere ich irgendwann Klassische/Romantische Musik für das Klavier. Aber nein, man kann ohne irgendwelche Kenntnisse genauso schöne Arbeit leisten wie ein Vollprofi im Klavierspiel.

Was hat dich dazu gebracht, eine Ausbildung zum Klavierbauer anzufangen?
Das Interesse und die Faszination, die ich empfand, als der Klavierbauer an meinem ersten Klavier den oberen Vorsetzer entfernt hatte und ich die Mechanik sah. Liebe auf den ersten Blick. Da fing ich an, mir Videos anzuschauen, wie andere Klavierbauer eine Reparatur durchführen. Das ging über ein Jahr so. Doch, dass die einzige Berufsschule für Klavierbau in Ludwigsburg ist, hat mich zunächst davon abgehalten, eine Ausbildung anzufangen. Ich fand aber bald eine Möglichkeit, die Zeit im Süden finanziell zu überbrücken. Die Berufsschulzeit war eine der besten meines Lebens. Die Leute dort waren unglaublich. Selbst die Berufsschullehrer und -lehrerinnen waren gut drauf, weil sie auch einfach Spaß an der Sache haben.

Welches war das teuerste Instrument, an dem Du mal mitgewirkt hast?
Das teuerste kostet rund 150.000€. Aber im Schnitt kosten die Instrumente, an denen ich arbeite zwischen 17.000€ und 32.000€.

Und welches das älteste?
Das älteste Instrument war ein Flügel von Grotrian-Steinweg aus dem Jahre 1891. Heute ist es überholt und ich habe es sogar für die Kundin anspielen dürfen. Ein toller Ton, den man heute nicht mehr so oft hört.

Was würdest Du jemandem raten, der:die eine Lehre zum:zur Klavierbauer:in machen möchte?
Jede Person, die eine Bindung zu Klavieren und Flügeln hat, sollte diesen Beruf für sich in Erwägung ziehen. Aber Geduld müsst ihr mitbringen! Im Laufe des Berufslebens fallen einem die Arbeiten irgendwann deutlich leichter. Übung ist eben alles.

Foto Thomas Winter

Vergiss nicht, abzustimmen.
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Jannick Stuehff

Geschrieben von Jannick Stuehff

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