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Galka Scheyer und Die Blaue Vier – Kandinsky. Feininger. Paul Klee. Jawlensky / Städtisches Museum (BS) / 23. Februar bis 19. Mai
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Das Städtische Museum Braunschweig zeigt bis Mitte Mai „Galka Scheyer und die Blaue Vier“
An eine der bedeutendsten Töchter der Stadt erinnert heute unter anderem die Emmy-Scheyer-Straße in Stöckheim.
Doch wer war Galka Scheyer eigentlich? Ihren Werdegang beleuchtet erstmals eine Ausstellung in ihrer Geburtsstadt.
Die Familie
Emilie Esther Scheyer, wie sie richtig hieß, gilt als wichtige Förderin moderner europäischer Kunst in den USA. In ihrer Wahlheimat Los Angeles machte sie sich einen Namen als angesehene Kunstagentin. Geboren wurde sie in Braunschweig. Scheyers Vater war ein jüdischer Unternehmer, dem die Konservenfabrik W. Maseberg in Braunschweig gehörte. Die Mutter Henriette arbeitete dort als Prokuristin. 1938 wurde der Betrieb durch die Nationalsozialisten zwangsenteignet. Die Tochter studierte Englisch, Französisch und Malerei. Anders als in Braunschweig zu der Zeit üblich, wandte sie sich in ihren Bildern dem Spätimpressionismus zu, die Farben wählte sie also weniger wirklichkeitsnah, sondern mehr abstrakt.
Der Wandel
Scheyers künstlerische Laufbahn sollte sich verändern, als sie 1917 Alexej von Jawlensky kennenlernte. Der russische Künstler befand sich im Exil in der Schweiz, wo sie eine Ausstellung von ihm besuchte und sein Talent sofort erkannte. Schließlich gab sie ihre eigene Karriere auf und entwarf als seine Privatsekretärin erste Marketingstrategien. Außerdem muss Jawlensky wohl eine Muse in Scheyer gesehen haben; nach ihrem Vorbild malte er die Serie „Mystische Köpfe“. Er gab ihr auch den Namen Galka, das russische Wort für „Dohle“, in Anlehnung an ihr schwarzes Haar.
Die Blaue Vier
Um es mit der heutigen Sprache auszudrücken, könnte man sagen, Galka Scheyer war ein echtes Marketinggenie. So geht die Künstlergruppe „Die Blaue Vier“ auf sie zurück. Mitglieder waren neben Jawlensky die Künstler Wassily Kandinsky, Paul Klee und Lyonel Feininger. Vor 100 Jahren, am 31. März 1924, gründete Scheyer die Gemeinschaft in Anlehnung an die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“, der Jawlensky und Kandinsky zuvor angehörten. Scheyer verstand es, die richtigen Netzwerke aufzubauen und verhalf den Künstlern zu Bekanntheit.
Zunächst sollte es darum gehen, mithilfe von Ausstellungen und Vorträgen in den USA an Popularität zu gewinnen. Durch den Nationalsozialismus wurden jedoch auch Verkäufe immer wichtiger, da der freie Kunsthandel in Deutschland unterdrückt wurde.
Scheyer organisierte Ausstellungen in New York und ließ sich schließlich in Hollywood nieder. Bewaffnet mit Logo, Flyern und Briefpapier der Blauen Vier verbreitete sie die Marke, wo sie nur konnte.
Auch schillernde Partys in ihrem Haus in den Hollywood Hills waren ein Teil der Werbemaßnahmen. Neben Kunstsammler:innen wie Greta Garbo oder Walter Arensberg zählte beispielsweise auch Marlene Dietrich zu den gern gesehenen Gästen.
Die Ausstellung
Die Themen, die die Mitglieder der Blauen Vier bespielten, bündelt die Ausstellung in fünf verschiedenen Inseln. In „Gespielt Naiv“ etwa geht es um Darstellungsmuster aus Kinderzeichnungen, die die Künstler bewusst einsetzten. Weg von der klassischen Perspektive, hin zu einer schwebenden Bildwelt bewegt sich „Schwankendes Schweben“. „Geometrie der Welt“ macht die Nähe zum Bauhaus deutlich und „Beschwingt“ die zur Musik. Diskussionen aus der Psychologie setzte die Blaue Vier ebenfalls in einen künstlerischen Kontext, zu sehen in der Insel „Testbild“.
Zudem umrahmt ein großes Begleitprogramm die Ausstellung. So können sich Besuchende auf zahlreiche Theaterprojekte in Verbindung mit der Welt der Blauen Vier freuen: etwa der Workshop „Wie könnte man auf den Bauhausfesten getanzt haben?“ oder die Solo-Aufführung „Galka Scheyer, ganz allein“, in der die Künstlerin in ihren letzten Lebensjahren zurückblickt.
Ein Besuch im Haus am Löwenwall ist diesen Frühling also dringend empfohlen.
Fotos Lette Valeska, Klaus G. Kohn, Alexander Hammid